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17.01.08 –
Redebeitrag von Thorsten Giefers, sozialpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, zur Aktuellen Debatte im Stadtrat
Sehr geehrter Stadtratsvorstand, verehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrter Oberbürgermeister,
Warum diese aktuelle Stunde?
Seit Monaten beschäftigt uns der Betrieb städtische Seniorenpflegeheime und Wohnanlage in unterschiedlichen Facetten.
Schon seit langem zeichnet sich ab, dass der Betrieb wirtschaftlich auf tönernen Füßen stand. Die schlechter werdenden Voraussetzungen der Pflegeversicherung. Die harte Konkurrenz auf dem sogenannten „Pflegemarkt“ und wirtschaftliche Fehlentscheidungen bzw. zu lange hinausgezögerte Entscheidungen in der wirtschaftlichen Betriebsführung.
Und nun das: Das Pflegeheim „Am Luisengarten“ macht Schlagzeilen mit Pflegeskandalen. Pflegepersonal ist überfordert und verabschiedet sich dutzendweise in den Krankenstand. Ein Betriebsleiter mit autistischen Zügen und zugleich „Medienlegasteniker“ steht an der Betriebsspitze.
Ein mit der Brisanz der Vorgänge überforderter Betriebsausschuss lässt sich lange für dumm verkaufen... Der Oberbürgermeister versucht mit seiner Adjutantin Bröker in den tobenden Wellen das Steuer fest auf Kurs zu halten.
Die Frage stellt sich auf welchen Kurs?
Die Umstellung des Eigenbetriebes auf die GmbH ist beschlossen. Spät, aber hoffentlich nicht zu spät. Allerdings zeigte die Diskussion um die Rechtformänderung exemplarisch woran es, meiner Meinung nach, krankt.
Obwohl schon seit Jahren klar wird, dass das Pflegeheim „Am Luisengarten“ nie wirtschaftlich sein würde, und immer schon auf der „Abschussliste“ der übergeordneten Aufsichtsgremien stand, sollte es mit übertragen werden. Obwohl die Seniorenwohnanlage in der Leipziger defizitär ist, wird sie der neuen GmbH mit „aufgehuckt“. Von Anfang an wird der GmbH ein echter Neustart verwehrt.
Schlimmer noch, der Kostendruck wird durch diese wirtschaftlichen Fehlentscheidungen erhöht. Kostendruck im Pflegebereich wird auf den Rücken der Patientinnen und Patienten ausgetragen – und dies im wahrsten Sinne und Wortes, wie wir gesehen haben.
Von uns beantragte Sondersitzungen des BA um Schlimmeres zu verhindern, um Gespräche mit dem MDK und der Heimaufsicht zu suchen, wurden von der Betriebsleitung hinausgezögert. Arbeitsaufträge wurden nur unzureichend erfüllt.
Dann überrollten uns die Ereignisse.
Zumindest der Betriebsleiter musste inzwischen die Verantwortung, für die er auch bezahlt wird, tragen und gehen. Aber bis zum Schluss gab es Stimmen im BA, warum dieser „fähige Mann“ den jetzt einfach so gehen soll. Meine Güte, was hätte den noch passieren müssen? Aber dies war nur Höhepunkt einer langen Tradition im Ausschuss.
Im Betriebsausschuss, dessen Aufgabe ich darin sehe, vor allem die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit zugestalten und den Betriebsleiter zu kontrollieren, wurde gerade dieses nicht hinreichend vollzogen.
Im Mittelpunkt der Diskussion standen schwerpunktmäßig die Belange ausführender Unternehmen an Hochbauleistungen oder auf der anderen Seite, eher die gewerkschaftlich orientierte Linie, die Maximierung der Interessen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
Den Bedürfnissen der Pflegebedürftigen wurden lediglich im Rahmen eines Alibipunktes Rechnung getragen. Der jeweils eingeladene Heimbeirat konnte am Beginn der Sitzung Anregungen und Beschwerden einbringen. Man darf zu recht vermuten, dass ein Mensch der im Pflegeheim Aufnahme findet mit den politischen Abläufen eines Betriebsausschuss überfordert sein kann. Schwerstpflegebedürftige mit durchgelegenem Rücken fanden ihren Weg zur Ausschusssitzung zumindest nicht.
So musste zumindest im Rahmen des Falls „Luisengarten“ festgestellt werden: Das Beschwerdemanagement hat durchgehend versagt. Hier gilt es die Angehörigen als bestes Controlling, notfalls auch weit über die Vorgaben des Heimgesetzes, mit in die Abläufe der Aufsicht einzubinden. Jeder schnöde Supermarkt hat heute z.B. einen Beschwerdekasten.
Festgestellt werden muss ferner:
Die Kontrolle der Betriebsleitung durch den Ausschuss war nicht ausreichend.
Was muss geschehen:
der zukünftige Aufsichtsrat muss seinem Namen gerecht werden – und die Aufsicht führen. Manager dürfen nicht einfach so weiter machen dürfen, weil, so hinter vorgehaltener Hand „ es doch so wenige Bewerber, um eine solche Position gibt und wir vielleicht keinen anderen finden“.
Der Betriebsrat bzw. Personalrat darf nicht erst mit seinen Informationen hinter dem Busch vorkommen, wenn der Leiter schon durch die Öffentlichkeit gerichtet ist.
Der Oberbürgermeister, seine Verwaltung, der Stadtrat und seine Mitglieder in den Betriebsausschüssen, Aufsichtsräten und sonstigen Vertretungen müssen begreifen und umsetzen, dass die Betriebe der Stadt, sei es nun Klinikum, Wobau, Messe o.a. Kein Spielplatz für politische Ränkespiele, keine ABM für Mitarbeiter und kein Goldesel für den örtlichen Mittelstand sind. Unsere städtischen Gesellschaften und Eigenbetriebe sind zum Wohle der Bürger da. Die Bürger müssen immer im Mittelpunkt stehen – sie sind nicht nur Nutzer sondern Eigentümer..
Es gilt das gesprochene Wort !
gez. Thorsten Giefers
Kategorie
Demografie | Gesundheit | Presse | Reden | Senioren