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Gut vier Jahre ist es her, dass wir im Sommer 2019 gemeinsam in die neue Wahlperiode starteten. Im Sommer 2023 ist somit der Zeitraum verstrichen, den ein Kind im Regelfall auf einer Grundschule verbringt. Und damit auch der Zeitraum, in dem Eltern darauf hoffen, dass ihre Hinweise, Anregungen, aber auch deutliche Kritik, die sie bezüglich der Sicherheit von Schulwegen an Stadtrat und Verwaltung herangetragen haben, zu Verbesserungen führen sollte.
Weiterhin hatte die Verwaltung speziell bei einem Schulstandort deutliche Verbesserungen zum Start ins neue Schuljahr 2023/24 zugesagt. Nachdem die ersten Wochen des neuen Schuljahres hinter uns und erste Erfahrungen vorliegen, sind dies für uns gute Gründe, das Thema Schulwegsicherheit heute aufzugreifen.
Zurück zum Beginn der Wahlperiode und dem Schuljahr 2019/2020. Sowohl bei uns als Fraktion, als auch bei mir als Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung, Bauen und Verkehr gingen in den ersten Monaten so viele Anfragen, Sorgen und Beschwerden von Eltern und auch Lehrer*innen ein, dass diese im Februar 2020 im Antrag A0043/20 "Verbesserung der Verkehrssicherheit im Umfeld von Grundschulen" mündeten.
Ausdrücklich unter Einbeziehung der Elternvertretungen sollten für alle Grundschulen Aspekte wie
- Temporeduzierung, Einfahrts- oder Halteverbote
- Querungshilfen und Einsatz von Verkehrslots*innen
- Einbahnstraßenregelungen
- Verhinderung von zugeparkten Fuß- und Radwegen
- Elternhaltestellen und Schulwegpläne
geprüft und vorgelegt werden. Der Antrag wurde ohne Ausschussüberweisung einstimmig beschlossen.
Es wurden Fragebögen an die Sekretariate aller Grundschulen verschickt, um eventuelle Probleme, aber auch gleich die Lösungsvorschläge dafür abzufragen. Ein Viertel der Fragebögen kam nicht zurück. Aber die I0138/21 berichtet 19 Monate später: 9 Grundschulen meldeten Probleme zurück. An dreien davon, den Grundschulen Kannenstieg, Peter-Paul-Straße und Diesdorf, wurden daraufhin konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Schulwegsicherheit in Form von Schildern umgesetzt - dafür ausdrücklich vielen Dank.
Für 6 andere "Problemmelder" lautete das Fazit jedoch "Weitere Maßnahmen stehen nicht zur Verfügung,", "es wurden keine Probleme festgestellt", "es konnte keine Lösung gefunden werden." u.s.w.
Überraschend ist: Zwei Grundschulen, die Probleme gemeldet haben, tauchten in der Stellungnahme gar nicht auf. Elternvertreter*innen mehrerer Schulen kritisierten, dass sie - anders als vom Stadtrat gewünscht - nicht beteiligt wurden.
Schließlich zieht die Verwaltung in I0138/21 das Fazit:
"Abschließend betrachtet kann festgestellt werden, dass die AG Schulwegsicherung durch ihre konstante schuljahresbegleitende Arbeit schon vor dem Auftreten von Problemen geeignete Maßnahmen veranlasst, um so im Rahmen der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten die Schulwege sicher zu gestalten. Gravierende Mängel in der Schulwegsicherung konnten nicht festgestellt werden. Sicherheit auf dem Schulweg ist vor allem abhängig vom Verhalten der Schüler und Eltern."
Gibt es somit gar keine Probleme? Sind wirklich die Schüler*innen und Eltern selber schuld? Und nicht die fehlenden Querungshilfen, Radwege, Hol- und Bringezonen o.ä.? Haben wir somit optimale und sichere Schulwege in Magdeburg?
Aus Sicht von uns Stadträt*innen sieht die Situation etwas anders aus. Zu folgenden 27 Schulstandorten wurden in den vergangenen 4 Jahren Probleme u.a. im StBV diskutiert, meist durch Anfragen von Elternvertreter*innen ausgelöst:
Grundschule Schmeilstraße
Problem: Hol- und Bringezone wäre wichtig
Ergebnis: geht nicht
Grundschule Diesdorf
P: Hol- und Bringezone Am Neuber wird benötigt
E: Antwort: Nicht möglich.
Positiv: Durch die vom Stadtrat beschlossene Abpollerung konnte eine
Verbesserung der Schulwegesicherheit erreicht werden.
Gemeinschaftsschule "Oskar Linke", Grundschule "Diesdorf" und "Schmeilstraße"
P: Querungshilfe über die Beimsstraße Höhe Pappelallee
E: Zusage: Machen wir! Aber bisher keine Umsetzung
Grundschule "Am Grenzweg"
P: PKW parken im verkehrsberuhigten Bereich
E: lässt sich nicht ändern
Grundschule Salbke
P: Hol- und Bringezone wird dringend benötigt
E: nicht möglich
Grundschule Westerhüsen
P: Ampel/Zebrastreifen/Schülerlotsen für Überquerung der Sohlener Straße fehlen
E: Bisher keins (Stand heute?)
Grundschule Nordwest
P: Tempo 30 auf der Hugo-Junkers-Allee direkt vor der Schule ist nötig
E: geht nicht
Grundschulen „Am Glacis“ und „Evangelische Grundschule“ am Glacis
P: Querungshilfe im Bereich der G.-Hauptmann-Straße beschlossen
E: Beschlossen, dennoch nicht realisiert
P: Hol- und Bringezone ist für Bedarf zu klein, muss erweitert werden
E: wird als nicht nötig angesehen
Grundschule Am Westring
P: Ampel Liebknechtstraße/Wilhelm-Kobelt-Straße wird benötigt
E: geht nicht
P: Querungshilfe über die Straße „Zum Handelshof“ ist nötig
E: geht nicht
P: Tempo 30 auf der Liebknechtstr. zwischen Arndtstr. und Westring einführen
E: geht nicht
Albert-Einstein-Gymnasium
P: Tempo 30 auf dem Olvenstedter Graseweg vor der Schule gewünscht
E: Bedarf "ist nicht begründet"
Grundschule Buckau
P: Seit Öffnung des Tores zur Sandbreite, Querung der Karl-Schmidt-Straße durch
erhöhten Verkehr in den Morgenstunden bis heute problematisch
E: "Im Vergleich zu vielen anderen Schulen ist die Verkehrssituation jedoch
nicht problematischer." - also nein.
Grundschule Sudenburg
P: Querungshilfe über die Braunschweiger Straße dringend nötig
E: Standort ist nicht optimal.
P: PKW fahren oft zu schnell fahren, mehr Geschwindigkeitskontrollen gewünscht.
E: Fahrverhalten sei nicht kritisch, da die Überschreitungen unter 20km/h liegen
Grundschule an Nordpark und Stiftungsgymnasium
P: PKW nutzen die Pappelallee teils mit überhöhter Geschwindigkeit als Abkürzung
E: Da können wir nichts machen
Positiv: Eine provisorische Querungshilfe auf der Pappelallee wurde geschaffen,
die auch aktuell rege genutzt wird.
Grundschule Ottersleben
P: Einrichtung eines Fußgängerüberweges über die Richard-Dembny-Straße
E: "Das sehen wir hier nicht" (Vor-Ort-Termin)
P: Einrichtung einer Hol- und Bringezone in der Schwanstraße / Am Brunnen
E: Das müssen wir erstmal prüfen
Positiv: Durch die gemeinsame Nutzung eines Stellplatzes der Fahrbibliothek
konnte kurzfristig eine provisorische Hol- und Bringezone errichtet werden.
Zu den Grundschulen Alt Olvenstedt, Annastraße, Hegelstraße, Fliederhof, Pechauer Platz, Am Brückfeld, Moldenstraße, St. Mechthild erspare ich uns mit Blick auf die Redezeit die Ausführungen.
Bleibt noch die Nachtweide mit Norbertus-Gymnasium, Grundschule St. Mechthild und Neuer Schule. Hier wurde in den letzten 12 Monaten ein ganzer Maßnahmen-Katalog abgestimmt. Die ersten zwei Punkte - Einrichtung von Bringezonen und Wegnahme der Kurzzeitparkplätzen - wurden mit Schuljahresbeginn umgesetzt. Und subjektiv nutzen tatsächlich deutlich weniger Fahrzeuge die Nachtweide, das morgendliche Verkehrschaos wurde deutlich reduziert. Dafür ein ausdrückliches Dankeschön an alle Beteiligten.
Da die Bringezonen aber nur von 06:30 - 07:30 Uhr gelten, also keine Holzonen sind, treten die Probleme weiterhin nachmittags auf. Dies ließe sich mit einer Ausweitung z.B. um die Stoßzeit am Nachmittag durchaus lösen. Außerdem fragen die Eltern: Wie und wann geht es jetzt weiter? Hier wäre ein besserer Informationsfluss wichtig.
Und insgesamt ist dieses positive Beispiel leider nicht die Regel. Bei allem Verständnis dafür, dass manche Prozesse länger dauern, bleibt beim überwiegenden Teil der Eltern das traurige Resümee: Unsere Anliegen wurden freundlich zur Kenntnis genommen, meist freundlich beantwortet. Aber es ist nichts passiert. Eltern fühlen sich und ihre Hinweise nicht ernst genommen und haben das Gefühl, dass die Probleme ausgesessen werden.
Und auch die Diskussion im Ausschuss endete oft mit dem Resümee: Wir sehen zwar das Problem, im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten sind uns aber die Hände gebunden. Doch wenn wir ein Schulwegsicherungskonzept hätten, dann könnten wir all die Querungshilfen, Fußgängerüberwege, Geschwindigkeitsbeschränkungen u.ä. mindestens ernsthaft in Erwägung ziehen. Und sicher einiges davon durchaus realisieren. Denn so hätten wir einen größeren verkehrsrechtlichen Handlungsrahmen und die dafür benötigte Ist-Analyse der Situation an allen Schulen.
Und spannend ist - und damit landet unsere Reise durch 4 Grundschuljahre in der Gegenwart: Zu Anfragen von Eltern im Frühjahr/Sommer 2023 zu insgesamt 10 Schulstandorten antwortete die Verwaltung bereits (Zitat aus einem Schreiben vom 07.07.2023):
"Die einzelnen Punkte Ihrer Anfrage werden im Rahmen der vom Stadtrat beschlossenen Erstellung eines Schulwegsicherungskonzeptes näher betrachtet."
Jetzt geht es also endlich so richtig voran! Oder?
Tatsächlich hat der Stadtrat den interfraktionellen Antrag A0019/23 "Erstellung eines Schulwegsicherungskonzeptes für das Stadtgebiet der LH Magdeburg" bisher gar nicht beschlossen. Denn am 16.02.2023 überwies der Stadtrat diesen Antrag zur Beratung an die Fachausschüsse BSS und StBV. Seitdem würden diese Ausschüsse den Antrag sehr gerne weiterberaten und ggf. weiterqualifizieren, damit der Stadtrat dann einen Beschluss fassen kann. Doch die dafür erforderliche Stellungnahme der Verwaltung fehlt bis heute.
In gut einem halben Jahr geht nun die aktuelle Wahlperiode zu Ende. Schuljahr um Schuljahr verstreicht und die tatsächlichen Erfolge zur Verbesserung der Schulwegsicherheit sind nur punktueller Natur.
Um das zu ändern, lassen Sie uns heute bitte gemeinsam ein klares Signal setzen, dass den Schüler*innen, Eltern und Lehrkräften klar zeigt: Wir packen das Thema jetzt wirklich an! Wir fordern konkret:
1) Kinder und Jugendliche sowie Eltern und Lehrer*innen sind in allen Planungsprozessen zu beteiligen.
2) Die baulichen Voraussetzungen dürfen nicht in erster Linie für einen möglichst schnellen MIV optimiert sein, sondern vorrangig für die Mobilität von Kindern. Alle Straßen, die laut Schulwegplänen von Kindern genutzt werden, sind prioritär fußverkehrs- und fahrradfreundlich zu gestalten.
3) Im Umfeld von Schulen müssen eigenständig nutzbare Fuß- und Radwege sowie sichere Querungsmöglichkeiten selbstverständlich sein.
4) Das Halten und Parken direkt vor Schulen muss eingeschränkt werden. Stattdessen müssen „Elternhaltestellen“ bzw. Hol- und Bringezonen eingerichtet werden.
5) Zeitlich begrenzte Parkverbote an nicht gut einsehbaren Stellen müssen möglich sein. Die Einhaltung der genannten Maßnahmen ist stärker als bisher zu kontrollieren und zu ahnden. Schulstraßen (Sperrung für motorisierten Verkehr vor Schulbeginn und nach Schulende) müssen geprüft werden, wo andere Lösungsversuche scheiterten.
Insgesamt gilt: Schulwege müssen grundsätzlich so gedacht werden, dass Kinder die Möglichkeit haben, ihren Schulweg selbstständig zu meistern und in ihrer eigenständigen Mobilität unterstützt werden. Dann werden auch die oft problematischen Elterntaxis weniger.
Damit dies gelingt fordern wir Sie, liebe Oberbürgermeisterin Simone Borris auf, spätestens zum Januar 2024 den Fachausschüssen die Behandlung des Antrages A0019/23 zu ermöglichen und die dafür nötige schriftliche Stellungnahme vorzulegen. Eine gemeinsame Sitzung der Ausschüsse BSS und StBV kann gemeinsam mit den Dezernaten IV und VI die nächsten Schritte, die Zuständigkeiten und einen realistischen Zeitplan diskutieren und dem Stadtrat vorschlagen. Und auch die Besetzung der AG Schulwegsicherung sowie deren Berichtspflicht gegenüber den Fachausschüssen sollte thematisiert werden.
Somit könnte der Stadtrat endlich ein Jahr nach Antragsstellung, tatsächlich einen Beschluss fassen. Es könnte dann mit einer umfassenden IST-Zustandserfassung der jeweiligen Schulstandorte begonnen werden. Und es könnte eine Befragung der Schüler*innen, Eltern, Schulsekretariate, Lehrer*innen und Schulleitungen erfolgen, um den Erfahrungswert derjenigen, die den Schulweg täglich nutzen, zu erfassen und in der Defizit- und Gefahrenanalyse vollständig zu berücksichtigen. Damit würden wir dann ganz automatisch ein klares Signal an alle Betroffenen aussenden: Wir wollen eure & Ihre Hinweise wirklich hören. Und wir wollen und werden diese erst nehmen.
Wir als Fraktion Grüne/future! wünschen uns sehr, dass wir gemeinsam - Stadtrat und Verwaltung - dabei fraktionsübergreifend zusammenarbeiten. Mit dem gemeinsamen Ziel, die Schulwege für alle Kinder sicherer zu machen. Vielen Dank!
(Mirko Stage)
Uups, kein Eintrag vorhanden.