Rede des Fraktionsvorsitzenden zum Haushalt 2015 in der SR-Sitzung am 08.12.2014

Der uns heute vorliegende Entwurf des Haushalts der Landeshauptstadt Magdeburg für das Jahr 2015, mit einem Umfang von 608,9 Millionen €, ist von seinem Ansatz her ausgeglichen. Die Ausgeglichenheit des Haushalts ist, angesichts der Lage kommunaler Finanzen in unserem Land, durchaus keine Selbstverständlichkeit und das Ergebnis erheblicher Anstrengungen. Für die Erarbeitung des Haushaltsentwurfs unser Dank an alle Beteiligten aus Verwaltung und Stadtrat. Erreicht wurde die Ausgeglichenheit im Entwurf...

08.12.14 –

Sehr geehrte Damen und Herren,

der uns heute vorliegende Entwurf des Haushalts der Landeshauptstadt Magdeburg für das Jahr 2015, mit einem Umfang von 608,9 Millionen €, ist von seinem Ansatz her ausgeglichen. Die Ausgeglichenheit des Haushalts ist, angesichts der Lage kommunaler Finanzen in unserem Land, durchaus keine Selbstverständlichkeit und das Ergebnis erheblicher Anstrengungen. Für die Erarbeitung des Haushaltsentwurfs unser Dank an alle Beteiligten aus Verwaltung und Stadtrat.
Erreicht wurde die Ausgeglichenheit im Entwurf allerdings nur unter Zugrundelegung der Annahme, dass die Einnahmen aus den Regelungen des Finanzausgleichsgesetzes so bleiben wie im zurückliegenden Jahr. Nun werden der Landeshaushalt und das aktuelle FAG zwar erst übermorgen im Landtag beschlossen – wir wissen aber schon jetzt, dass die Annahme unzutreffend sein wird. Magdeburg wird, wie auch die anderen Kommunen in unserem Land, erhebliche Mindereinnahmen hinzunehmen haben.

Bei allem Verständnis für die auch auf Landesebene nicht einfache Haushaltsaufstellung, ist die derzeitige Verfahrensweise des Landes bezüglich der Finanzierung der Kommunen nicht nachzuvollziehen und kurzsichtig. Wenn man jegliche Konsolidierungserfolge der Kommunen sofort für den Landeshaushalt vereinnahmt, wenn man keine Anreize lässt, lohnt sich Haushaltskonsolidierung nicht. Wenn man die von Bundesseite zugunsten der Kommunen erfolgenden Entlastungen, nicht einmal in Teilen an die Kommunen weiterreicht, sondern komplett in den Landeshaushalt lenkt, wird man der Situation der Kommunen in Sachsen-Anhalt nicht gerecht.
Wenn man die Schuldentilgung auf Landesebene nur mit steigenden Kassenkrediten der Kommunen erreicht, ist dies kein sinnvoller, die Gesamtsituation der öffentlichen Haushalte in Sachsen-Anhalt berücksichtigender Ansatz.
Der Oberbürgermeister gehörte zu den führenden Kritikern am Kurs der Landesregierung. Magdeburg hat an vorderer Stelle die Position der kommunalen Seite und insbesondere die der kreisfreien Städte vertreten. Das Ergebnis wird leider nicht so sein, wie wir uns das gewünscht hätten. Es bleiben daher auch nach unserem heutigen Beschluss erhebliche Fragezeichen an der finanziellen Zukunft Magdeburgs.

Aber selbstverständlich haben wir auch ganz erhebliche hausgemachte Probleme. Das größte Investitionsprojekt unserer Stadt ist uns gerade finanziell gänzlich aus dem Ruder gelaufen. Wir haben in den letzten Stadtratssitzungen intensiv die Fragen um den Tunnel diskutiert. Ich will das jetzt nicht wiederholen.

Magdeburg ist aber dabei, seine bisherigen Erfolge in der Konsolidierung des eigenen Haushalts aufzugeben. Die enormen Kostensteigerungen, deren Ende noch gar nicht in Sicht ist, werden letztlich nur über eine erhebliche Neuverschuldung zu erreichen sein. Dies wird unseren Gestaltungsspielraum in der Zukunft deutlich einengen und wird die zukünftigen Generationen belasten. Das alles für ein Projekt – wir untertunneln eine Brücke – das unsere Stadt nicht zukunftsfähiger macht, auch keinen positiven Einfluss auf den Verkehrsfluss hat (das war ja ursprünglich mal die Idee) und das nach dem von der Stadt vorgelegten Gutachten – legt man die aktuellen Kostenschätzungen zu Grunde – volkswirtschaftlich völlig unrentabel ist.
Der finanzielle Mühlstein an unserem Hals wird uns hinderlich sein bei den wirklichen anstehenden Herausforderungen, wie z.B. der Neugestaltung des Strombrückenzugs. Leider hatten die für das Projekt politisch Verantwortlichen, nicht die Kraft, die eigenen Beschlüsse kritisch zu hinterfragen und die erforderliche Neuorientierung vorzunehmen.

Sich verschlechternde Rahmenbedingungen und eigene Fehlentscheidungen werden uns belasten. Dabei gilt es eine Vielzahl an anstehenden Zukunftsaufgaben zu bewältigen – auch über den Strombrückenzug hinaus. Im Kulturbereich ist die Bewerbung um die Kulturhauptstadt langfristig aus zu finanzieren. (Wir Bündnisgrüne haben vor diesem Hintergrund als ein Schritt eine verbesserte Finanzierung der Magdeburger Kulturnacht beantragt.) Magdeburg schickt sich auch richtigerweise an, ein Dommuseum zu begründen und übernimmt damit eine Verantwortung des Landes, aus der sich das Land leider verabschiedet hat.

Magdeburg steht vor dem erfreulichen Luxusproblem derzeit steigender Kinderzahlen. Auch Luxusprobleme sind Probleme. Wir müssen auch weiterhin im Bereich der Kinderbetreuung investieren. Wenn man sieht, dass wir im Krippenbereich mit einer Betreuungsquote von 51 % rechnen, der Landesdurchschnitt aber bei 57 % liegt, liegt die Befürchtung nahe, das wir den Engpass in der Kinderbetreuung noch nicht bewältigt haben, sondern noch über unsere jetzige Planungen hinaus werden gehen müssen.

Hinzu kommt noch die Situation, dass der Zuwachs nicht gleichmäßig über die Stadt verteilt ist. So ist im Grundschulbereich ein Engpass vor allem im Bereich Stadtfeld festzustellen, den wir auch durch die Öffnung der Schuleinzugsbereiche nicht aussteuern werden können. Vor diesem Hintergrund stellen wir heute den Haushaltsantrag, in diesem Bereich einen Schulneubau zu konzeptionieren.

Große Aufgaben erwarten uns auch im Städtebau und der Verkehrsentwicklung. Eine verantwortliche Verkehrspolitik stärkt die für eine Großstadt verträglicheren Verkehrsarten. Mehr Aufenthaltsqualität und verbesserte, vernetzte Mobilität! heißen die Herausforderungen. Wir haben kein Fußwegekonzept für die Gesamtstadt, die Realisierung der Maßnahmen zur Umsetzung des Radverkehrskonzeptes hinkt Jahre hinterher und das für die Innenstadt ruht in den städtischen Schubladen. Lesen wir den neuen HH-Plan 2015, sind wir ernüchtert. Lediglich kleine, kaum als Einzelmaßnahme zu erkennende Aufwendungen für den Radverkehr sind darin enthalten.
Wir Grünen wollen diesen Ansatz korrigieren und die Aufwendungen erkennbarer und wahrnehmbarer machen. Und wir sagen auch ganz deutlich: gerade beim Thema urbane Mobilität dürfen und wollen wir keine Fronten aufbauen, denn diese setzt nämlich auf Vernetzung. Wir alle fahren Auto, Rad, Bus und Bahn und gehen zu Fuß. Das geht nur im Miteinander, mit Rücksicht und gelegentlichem Wechsel der Perspektive. An Letzterem fehlt es leider häufig.

Auch die Integration von Flüchtlingen ist eine Aufgabe, die zukünftig verstärkte Anstrengungen der Stadt erfordert. Wir brauchen eine Willkommenskultur in unserer Stadt und sollten alles dafür tun, den Flüchtlingen Geborgenheit und Sicherheit zu geben. Eine angemessene, menschenwürdige Unterbringung ist eine wichtige Voraussetzung, der weitere Maßnahmen zur Integration folgen müssen. Wir haben hier in einem unserer Anträge einen weiteren Stellenaufwuchs vorgesehen. Die Integration ist nötig und zugleich eine Chance für unsere Stadt.

Lassen sie mich abschließend noch zur Frage des Umgangs mit dem Haushalt an sich kommen. Die Verständlichkeit des Haushalts hat mit der Umstellung auf die Doppik nicht zugenommen.
Ich nenne mal ein willkürliches Beispiel. Der Teilergebnishaushalt des Fachbereiches Schule und Sport. Seite 290 von 682 der Anlage 10. Von den ordentlichen Aufwendungen in Höhe von etwas mehr als 59 Millionen € sind mehr als ein Drittel, nämlich 22 Millionen €, „sonstige ordentliche Aufwendungen“.
Ein auch in anderen Bereichen nicht ungewöhnliches Bild. Dazu gibt es dann einige Anmerkungen, die einen Bruchteil der Summe erläutern. Wenn wir hier Haushaltsanträge stellen, lautet die berechtigte Forderung: „Nennt die Gegenfinanzierung.“ Wie soll man das bei diesen Daten machen? „1/3 Sonstiges!“. Sonstiges kann ja nicht so wichtig sein!? Darf ich da herzhaft Zulangen? Sicherlich nicht.

Für die Stadträte – und erst recht für die Öffentlichkeit – ist es extrem schwer Handlungsspielräume zu erkennen. Natürlich ist die Doppik keine Idee der Magdeburger Stadtverwaltung – wir müssten aber einen Weg finden, wie wir ernsthaft über Handlungsoptionen nachdenken können. Tatsächlich macht die Verwaltung hier einen politischen Vorschlag, der dann mangels Alternativen von einer Stadtratsmehrheit schlicht durchgewunken wird.
Hinzu kommt der Umgang mit unseren eigenen Beschlüssen. Ich nenne mal zwei Beispiele. Wir haben vor einiger Zeit, nach engagierten Diskussionen in den Ausschüssen und im Rat den Bau eines Radweges zwischen Thüringer Straße und Kieler Straße im Grundsatz beschlossen. Nun wäre zu erwarten gewesen, dass die Stadtverwaltung entsprechend des Beschlusses die Maßnahme in die Prioritätenlisten einträgt. Fehlanzeige. Der Beschluss wird schlicht missachtet.
Anderes Beispiel. Wir haben jetzt das dritte Jahr in Folge den gemeinsamen Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf der Tagesordnung den Turmpark in Salbke von der Elbseite mittels einer Treppenanlage zu erschließen. Wir beschließen es jedes Mal – eine Umsetzung erfolgt nicht. Ähnliche Beispiele wird jede Fraktion benennen können. Mir sind die knappen Mittel klar. Aber natürlich gehört ein beschlossenes Projekt in die Listen, unabhängig davon, wie sich die Stadtverwaltung dazu inhaltlich positioniert hatte. Es ist ein Affront gegen den Stadtrat, wenn wir hier Beschlüsse wiederholen, ohne irgendeine Reaktion zu erhalten.

Insgesamt spiegelt der Haushaltsentwurf in vielen Punkten nicht die Ansichten und Vorstellungen meiner Fraktion wieder. Wir werden – das ist wenig überraschend - unser Abstimmungsverhalten von dem Ergebnis unserer Änderungsanträge abhängig machen.

Es gilt das gesprochene Wort!

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