Folgen der Verzögerungen beim Tunnelprojekt Damaschkeplatz

es ist noch nicht ein Jahr her, da haben wir im Stadtrat über den Tunnel eifrig diskutiert und beschlossen. Sie werden sich vielleicht wundern, denn nur ein knappes Jahr danach rufen wir den Tunnel wieder auf die Tagesordnung und auf den Prüfstand. Aber woran liegt das?

Redebeitrag von Stadtrat Wolfgang Wähnelt zur Aktuellen Debatte in der SR-Sitzung am 16.09.2010 zum Thema „Folgen der Verzögerungen beim Tunnelprojekt Damaschkeplatz

Sehr geehrte Damen und Herren Städträte,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, 
sehr geehrte Gäste,

es ist noch nicht ein Jahr her, da haben wir im Stadtrat über den Tunnel eifrig diskutiert und beschlossen. Sie werden sich vielleicht wundern, denn nur ein knappes Jahr danach rufen wir den Tunnel wieder auf die Tagesordnung und auf den Prüfstand. Aber woran liegt das?

In diesem knappen Jahr hat es der Tunnel geschafft, schon ein ganzes Jahr Verspätung zu bekommen und das macht uns natürlich skeptisch. Unseren Glauben in die Seriosität dieses Vorhabens stärkt dies sicherlich nicht und lässt noch ganz andere Probleme erwarten, so befürchten wir und haben dies auch damals schon befürchtet. Darüber hinaus wird die Verschiebung des Projektes nicht nur zeitliche Folgen, sondern mit Sicherheit auch finanzielle Folgen haben und sich auf viele andere Verkehrsprojekte der Stadt auswirken.

Und was für uns auch noch als Problem dazu kommt: Wir haben davon nicht durch Information vom Oberbürgermeister erfahren, sondern aus der Zeitung. Und wir brauchen nun als Stadtrat genauere Informationen, um zu entscheiden, wie wir damit umgehen. Denn die finanziellen Folgen werden wir als Stadt zu tragen haben, die sich jetzt schon andeuten. Im Mindestens gibt es, wenn sich so ein Projekt um ein Jahr verschiebt, allein aus der Baupreisentwicklung erhebliche Kostensteigerungen. Der Baupreisindex steigt so pro Jahr um 2,5-3,0 Prozent, je nach konjunktureller Lage. Mindestens diese Preiserhöhung wird es geben!

Weiterhin sind Finanzierungsprobleme durch Auslaufen von Förderperioden und Förderprogrammen sowie weitere Bauverzögerungen und Sperrzeitverlängerungen zu befürchten, sowohl beim Tunnelprojekt als auch bei den damit in Verbindung stehenden Brückenbauvorhaben z.B. an der Walter-Rathenau-Straße. Diese mehr zufällig bekannt gewordenen Entwicklungen werfen Fragen auf, Fragen nach den Folgen für die Stadt (Kosten, Förderungen, Sperrzeiten u. a.) und nach dem der Stadt verbleibenden Handlungsspielraum und Möglichkeiten des Gegensteuerns.

Zu Kosten und zur Finanzierung sind folgende Fragen umfassend zu beantworten:

Um welche Zeit soll sich nach der jetzigen Planung der Tunnelbau exakt verschieben? Wie sieht der Zeitplan konkret und detailliert aus? Wer hat diese Verschiebung zu verantworten?

Welche konkrete Kostensteigerung wird mit dieser Verschiebung bereits jetzt erwartet? Wie teilt sich die Kostensteigerung auf die Beteiligten auf?

Wie ist der Stand der Verhandlungen mit den Fördergebern über die vollständige Förderung bei verändertem Zeitrahmen?

Ist es zutreffend, dass die bisher geplanten Ausgleichszahlungen der DB AG an die Stadt nun doch nicht gezahlt werden sollen? Wie wasserdicht sind denn unsere Verträge?

Sind eventuell technische Probleme bei der Planung aufgetreten, die bisher nicht in den Griff zu bekommen waren?

Besonders hart könnte es unser städtisches Unternehmen MVB treffen, das nicht nur Mehrkosten zu tragen hätte, sondern auch Mindereinnahmen und einen dauerhaften Kundenverlust, wenn zu der Verschiebung auch noch Sperrzeiten für den ÖPNV hinzukämen. Mit Sperrzeiten, die bisher überhaupt nicht geplant waren, ist dann zu rechnen. Daher sind auch folgende Fragen zu beantworten:

Welche finanziellen Folgen hat die Verschiebung auf die Kosten der MVB beim Tunnelprojekt und deren Förderung? Ist es zutreffend, dass bereits jetzt für die MVB Mehrkosten in Millionenhöhe drohen?

Welche Folgen hat eine mögliche Verlängerung der Sperrzeiten für die MVB auf deren Kosten und Einnahmen? (nach jeweiliger Dauer) Welche möglichen Sperrzeitverlängerungen drohen bereits jetzt?

Da wir ja nicht an allen Stellen gleichzeitig bauen können, hat die Verschiebung unweigerlich Konsequenzen für die anderen Verkehrsbauvorhaben. Eine Verschiebung wird auch hier unvermeidlich sein, ein Dominoeffekt mit möglicherweise unkalkulierbaren Folgen.

Welche zeitlichen, finanziellen und fördertechnischen Folgen für die Stadt und die MVB sind für die anderen mit dem Tunnelbau zu koordinierenden Verkehrsbauvorhaben, wie z.B. den Brückenbau an der Walter-Rathenau-Straße verbunden?

Welche Folgen werden bei einer möglichen Verlängerung der Sperrzeiten für den ÖPNV und/oder den motorisierten Individualverkehr für die Magdeburger und für den Einzelhandel und die Kultureinrichtungen in der Innenstadt erwartet?

Von der Beantwortung dieser Fragen werden Konsequenzen abhängen müssen – bis hin zu einem Überdenken des Gesamtprojektes. Die Zeit drängt, diese Fragen auf der Grundlage allumfassender Informationen zu diskutieren.

Darüber hinaus erwarten wir als Entscheidungsgrundlage für das weitere Vorgehen folgende Klärungen:

- Zusagen der jeweiligen Fördergeber über die vollständige Förderung auch bei deren zeitlich verschobener  Inanspruchnahme

- Zusagen der jeweiligen Fördergeber über die anteilige Förderung ggf. auftretender Mehrkosten

- Rechtliche Klärung der Möglichkeiten und Bedingungen einer Kündigung der Kreuzungsvereinbarung mit der DB AG, falls wir doch an einen Punkt ankommen, wo wir sagen, es geht nicht mehr

Wir sollten nicht erst, wie bei Stuttgart 21 aufwachen, wenn das Kind in den Brunnen, respektive Tunnel gefallen ist, sondern handeln, solange wir noch Zeit dazu haben. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Es gilt das gesprochene Wort!

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Reden | Stadtentwicklung | Verkehr