PM 26: Zugang zum Netz gehört zur kommunalen Daseinsvorsorge

17.09.10 – von Sören Herbst –

Dass in der Landeshauptstadt Magdeburg noch immer tausende Menschen von einer Breitband-Internetverbindung abgeschnitten sind, ist mehr als ein kleines Ärgernis. Aus der Frage der Verbindungsart ist längst eine Gerechtigkeitsfrage geworden. Schließlich geht es darum, die Chancengleichheit der Menschen auch in der digitalen Welt zu wahren. Deshalb muss die Kommune umdenken und die zukünftige Infrastruktur an den Bedürfnissen der digitalisierten Gesellschaft ausrichten. Genauso, wie die Erfordernisse des demografischen Wandels längst Einzug in alle politischen Entscheidungen gefunden haben, muss die steigende Bedeutung des vernetzten Lebens für alle Menschen mit bedacht werden.

Ein schneller Internetzugang gehört zur kommunalen Daseinsfürsorge. Er bedeutet Zugang zum öffentlichen Leben, zum Markt und zu immer mehr Dienstleistungen, die vermehrt oder nur noch im Netz angeboten werden. Es gehört deshalb zu den vorrangigen Aufgaben der Wirtschaftsförderung, die Bedingungen für einen schnellen Zugang zum Netz zu erreichen. Dafür sind Investitionen dringend notwendig! In Zeiten leerer Kassen müssen diese  Ausgaben durch höhere Landes- und Bundesmittel ausgeglichen werden. Es kann und darf nicht sein, dass die Kommunen mit dieser Aufgabe allein gelassen werden. 

Es ist mehr als ein Anachronismus, es ist eine Ungerechtigkeit, dass Bürgerinnen und Bürger bei einem Leitungs-Monopolisten wie der Telekom um Breitband-Anschlüsse betteln müssen! Dass Menschen im Jahr 2010 erst auf Unterschriftensammlung in der erweiterten Nachbarschaft gehen sollen und dann immer noch nicht wissen, ob ihre Anfrage mit aller Ernsthaftigkeit bearbeitet wird, gehört zu den schwer begreifbaren Realitäten. Der Magdeburger "DSL-Gipfel" kann nur ein Anfang sein. Ich hoffe, dass es nicht bei einer netten Gesprächsrunde bleibt, die alle Teilnehmer ohne verbindliche Zusagen entlässt. Wichtig ist, dass sich im Verständnis etwas ändert und die Digitalisierung der Gesellschaft als gemeinsame Zukunftsaufgabe angesehen wird. 

Die Voraussetzungen dafür, dass Magdeburg seinen Bürgerinnen und Bürgern, aber auch allen Menschen, die unsere Stadt besuchen oder hier arbeiten, einen einfach zu erreichenden, schnellen Zugang zum Internet anbietet, sind so schlecht nicht. Die Technik- und Innovations-Skepsis der Verwaltung ist einer Aufgeschlossenheit gewichen, auch wenn von einer Euphorie noch nicht gesprochen werden kann. Seit vielen Jahren arbeiten die Magdeburger Stadträte nahezu papierlos, werden alle Unterlagen, Drucksachen und Anträge digital zur Verfügung gestellt und bearbeitet. Gerade wird die Telefonie der Stadtverwaltung auf das digitale Voice-over-IP-Verfahren umgestellt. Erst vor wenigen Monaten wurde, von Magdeburg ausgehend, die kommunale IT-Union (KITU) gegründet, in der sich mehrere   Kommunen zusammengeschlossen haben, um gemeinsam die anstehenden Aufgaben an Verwaltungen in der sich digitalisierenden Welt zu meistern. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat kürzlich einen Beschluss im Stadtrat herbeigeführt, die Magdeburger Innenstadt mit einem WLAN-Netz auszurüsten. Die Telekom hat in der Folge in einem ersten Schritt 
begonnen, 27 HotSpots in der Innenstadt zu installieren und die Stadt Magdeburg wird, auf Wunsch, offene HotSpots in der Innenstadt mit einem neutralen Hinweisschild zu kennzeichnen - ein Angebot, dass sich Café und Ladenbesitzer mit WLAN-Hotspot überlegen sollten!

Die Herausforderungen für uns als Kommune sind also viel größer, als "nur" bei den Netzbetreibern die Bereitstellung von Breitband-Anschlüssen einzufordern. Jeder Mensch muss heute Zugang zum Internet haben! Wer sich keinen Computer leiten kann, muss im Foyer 
des Rathauses, in unseren Schulen und Bibliotheken einen schnellen, kostenlosen Zugang vorfinden. Und die digitale Daseinsvorsorge der Stadt geht über die Verhandlungen mit Netzbetreibern hinaus. Die steigende Verbreitung und höhere Mobilität der Endgeräte erfordert die Schaffung einer Infrastruktur, die deren Nutzung erst ermöglicht. Dazu gehören vermeintlich banale Dinge wie ausreichend Steckdosen, auch in Bussen und 
Bahnen. In Estland sind nicht nur die Innenstädte, sondern auch viele Fahrzeuge des ÖPNV mit WLAN ausgerüstet. Was sich heute für manche noch nach überflüssigem Luxus anhören mag, ist in Wirklichkeit ein entscheidender Faktor für Menschen und Unternehmen auf der Suche nach einem neuen Lebensort oder Arbeitsplatz. Gerade für die in wirtschaftlicher Hinsicht noch immer weniger leistungsfähigen Städte Ostdeutschlands, drängen sich hier Möglichkeiten geradezu auf. Nutzen wir sie!

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