Stadtratsfraktion

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Soziale Situation von Kindern und Jugendlichen in der LHS Magdeburg

Aktuelle Debatte des Stadtrates in seiner Sitzung am 14.02.08   Sehr geehrte Damen und Herren, wenn wir heute die soziale Situation von Kindern und Jugendlichen betrachten müssen wir zwei Dinge betrachten. 1. Nie waren die Chancen und Möglichkeiten der jungen Generation so hoch wie heute.

14.02.08 – von Thorsten Giefers –

Sehr geehrte Damen und Herren,

wenn wir heute die soziale Situation von Kindern und Jugendlichen betrachten müssen wir zwei Dinge betrachten.

1. Nie waren die Chancen und Möglichkeiten der jungen Generation so hoch wie heute. Eine - im Verhältnis zum Rest der Welt - immer noch hohe Qualität an schulischen Bildungsmöglichkeiten, die sich auch in der Region Magdeburg wiederspiegelt.

  • mehrsprachige, fachspezifische, leistungssportfördernde, reformpädagogische Schulangebote
  • internationaler Hochschul- und Wissenschaftsstandort

Wir sind innerhalb der EU Teil eines internationalen Arbeitsmarktes, jeder kann sich europaweit - gar weltweit - um einen Arbeitsplatz bemühen.

Eine sich rasant verändernde Welt bietet viele Chancen - für die, die es verstehen diese zu nutzen bzw. die notwendige Unterstützung erhalten diese großen Möglichkeiten zu nutzen. Hier spielt auch das Elternhaus und seine finanziellen Möglichkeiten eine maßgebliche Rolle.

Aber was ist mit den anderen?

2. Die zweite Tatsache. Die sogenannte Globalisierung und die tiefgreifenden Veränderungen der Familienverhältnisse machen auch vor Magdeburg nicht halt.

Dies bedeutet immer mehr Kinder und Jugendliche leben in Haushalten mit nur einem Elternteil. Immer mehr Kinder leben von Unterhaltsvorschuss. Kinder sind statistisch und finanziell gesehen der Armutsrisikofaktor Nr. 1.

In Magdeburg leben nach städtischen Angaben rund 40.000 Menschen von staatlichen Transferleistungen. Hiervon sind über 8000 Kinder und Jugendliche. Dies bedeutet mehr als jedes dritte Kind in unserer Stadt lebt von sozialen Transferleistungen und ist der Definition nach „arm".

Wie geht die kommunale Politik bisher damit um?

Über Jahre wurde das Problem kollektiv ausgeblendet. Erst seit der Einführung von Harz IV liegen die Zahlen offensichtlich auf den Tisch!

Langsam sickert ins kollektive politische Bewusstsein:

  • Ein Drittel aller Kinder dieser Stadt haben schlechtere Bildungsmöglichkeiten, weil das Geld für Bücher, Hefte, Stifte usw. knapp ist!
  • Ein Drittel aller Kinder müssen täglich von 2,67 € für Essen und Trinken leben. Eine gesunde Ernährung ist hier kaum gegeben. Langfristige Entwicklungsschäden vorprogrammiert.
  • Ein Drittel aller Kinder haben eigentlich kein Geld übrig, um ins Theater oder ins Fußballstation zu gehen.
  • Ein Drittel aller Kinder sind der Versuchung nahe lieber „schwarz zu fahren", weil das Geld für den Fahrschein schon das halbe Essensgeld ist.
  • Ein Drittel aller Kinder unserer Stadt haben eigentlich nicht das Geld, um einem Sportverein oder anderen Interessenkreisen beizutreten.
  • Diese Liste ließe sich beliebig weiterführen.....

Was machen wir nun mit dieser Feststellung?

Grundlage jedes zielführenden Umgangs mit dem Thema Armut muss die genaue, tiefere Analyse der kommunalen Situation sein. Wollen wir mehr als die Bereitstellung der Daseinsfürsorge: d.h. Suppenküchen, Wärmestuben, Möbellager und Kleiderkammern?

Was bedeutet Armut für Familien mit Kindern?

Mit dem Ende 2007 von uns eingebrachten Antrag „Einführung Armutsberichterstattung" wurde das Thema Armut erstmalig auch von der Kommunalpolitik aufgegriffen, nachdem es in Fachkreisen bereits sehr präsent diskutiert wurde.

Ziel der regelmäßigen Berichterstattung soll es sein, Wirkungsweise und Wirksamkeit kommunaler Instrumente der Armutsbekämpfung zu prüfen und hieraus weitergehende kommunale Handlungsstrategien zu entwickeln.

Wie können wir die größten Defizite im Rahmen kommunaler Daseinsfürsorge und Teilhabe für alle Bürger/innen - unabhängig von Alter, Geschlecht oder Einkommen - sichern.

Unsere Fraktion hat in der Vergangenheit weitere Initiativen zur Sozialen Situation von Kindern und Jugendlichen in den Stadtrat eingebracht. Zu nennen wären in diesem Zusammenhang:

  • „Schülerbeförderung für Gymnasiasten"
  • „Bedarfsgerechte Aus- und Weiterbildung"
  • "Innovative Berufswahlorientierung"
  • "Konfliktprävention an Magdeburger Schulen"
  • "Benachteiligung Sekundarschüler beseitigen"
  • "Sucht-Streetworker für Magdeburger"

und nicht zuletzt unser Einsatz für Transparenz bei der Vergabe von Plätzen und Kitas in der Stadt durch eine extra Homepage des Jugendamtes für alle Beteiligten (Eltern, Verwaltung, Träger etc.) Dies ist nötig, weil es Anzeichen gibt, dass es zur sozialen Auslese innerhalb der Kita-Selbstverwaltungen kommt. Lieb und teuer scheinen hier nur die Kinder von Doppelverdienern. Arme Kinder mit Halbtagsanspruch werden scheinbar ausgegrenzt.

Was wir brauchen:

Gesellschaftliche Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an Bildung, Kultur, Freizeit

  • Familienfreundlichkeit in allen Bereichen, insbesondere in städtischen Dienstleistungen und Bauplanungen
  • Zentraler Punkt im Rahmen der Teilhabe:
  • Massiver Ausbau der Verbreitung und Inhalte des Magdeburg-Passes (Vergünstigungen für ÖPNV, Bäder, Bibliothek etc.)
  • Schülerbeförderung (Freifahrt auch für Schüler nach der 10ten)
  • Essens-Versorgung von Kindern aus Hartz IV-Familien in Schulen (mehr Sach- und/oder Ersatzleistungen, anstatt Kindergeld)
  • Schulsozialarbeit (Stadt und freie Träger gemeinsam)
  • Suchtprävention

Was müssen wir im Blick behalten?

Armut in der Gesamtgesellschaft

  • Gegensteuern gegen Bildung von Soziale Brennpunkte in bestimmten Stadtgebieten („Problembezirke")
  • Gesundheit, ärztliche Versorgung und Ernährung von Kindern in Hartz IV

Integration von Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund

  • Zugang zu Kinder- und Jugendeinrichtungen
  • Zugang zu Bildung und Teilhabe an Freizeitaktivitäten
  • Zugang zum Erlernen deutscher Sprache

Kindeswohlgefährdung

  • Gewalt gegen Kinder und Jugendliche
  • Schulsozialarbeit (Stadt und freie Träger gemeinsam)
  • Betreuung von Eltern und Kindern durch das Jugendamt, Therapeuten und Betreuer

Ziel: Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger an gesellschaftlichen Leben - unabhängig vom Geldbeutel.

Lassen Sie uns unabhängig von politischen Auseinandersetzungen, wie Wahlkämpfen, dieses Thema zum zentralen Politikfeld unseres Handeln erklären.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !

Kategorie

Reden