Stadtratsfraktion

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Mittelalterzentrum/-museum und Umgang mit dem Sarg von Editha

Redebeitrag von Stadtrat Alfred Westphal (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) im Rahmen der Aktuellen Debatte des Stadtrates am 26.02.09 ... Parteilos zu sein und gleichzeitig Macht über Menschen und eben auch Sachen und über entscheidende Zielfestlegungen zu haben, verführt einerseits den mit Macht versehenen zu behaupten, da er parteilos sei, sei er doch unabhängig und damit objektiv, und andererseits unter diesem Deckmantel ohne weitere Scheu solche Ziele konsequent zu verfolgen, für die er Partei ergriffen hat.

26.02.09 – von Alfred Westphal –

Redebeitrag von Stadtrat Alfred Westphal (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) im Rahmen der Aktuellen Debatte des Stadtrates am 26.02.09 zum Thema "Mittelalterzentrum/-museum und Umgang mit dem Sarg von Editha"

Sehr geehrte Damen und Herren des Stadtrates,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete, 
sehr geehrte Gäste und Damen und Herren der Presse,

Parteilos zu sein, heißt bei weitem nicht, nie für eine Sache oder Angelegenheit Partei ergreifen zu wollen.
Parteilos zu sein und gleichzeitig Macht über Menschen und eben auch Sachen und über entscheidende Zielfestlegungen zu haben, verführt einerseits den mit Macht versehenen zu behaupten, da er parteilos sei, sei er doch unabhängig und damit objektiv, und andererseits unter diesem Deckmantel ohne weitere Scheu solche Ziele konsequent zu verfolgen, für die er Partei ergriffen hat. 
Solch ein Ziel könnte doch z. B. sein, seinen als Heimat benannten Landesbereich als die kulturpolitisch wichtigste Zone im Lande anzusehen und dafür Sorge zu tragen, dass dies über Dritte zu einem öffentlichen Anspruch erhoben wird. Ja, was solle er denn da tun, wenn das eben so ist – mit der Kulturhauptstadt z. B.
Erlauben Sie mir bitte nunmehr zunächst eine Veranstaltung am vorgestrigen Abend in einem Hörsaal unserer Universität in hoffentlich angemessener Form zu reflektieren.
Ich füge ein: Diese Uni, welche natürlich völlig parteilos ihrer geisteswissenschaftlichen Fakultäten beraubt wird bzw. bereits wurde, um die Sache, für die schon vor Jahren parteilos Partei ergriffen wurde in wenigstens einem definierten Anspruch zu einen Ziel zu führen.

Die Magdeburgische Gesellschaft von 1990 hatte zu einem Vortrag „Ereignisse rund um die Untersuchungen im Magdeburger Dom“ eingeladen; Referent war Herr Dr. Harald Meller. 
Mir scheint beinahe, dass dieser Name in den vergangenen 14 Tagen/3 Wochen in unserer Stadt besser zu einem Raubritter als zu einem Direktor des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie des Landes Sachsen- Anhalt und Direktor des Landesmuseums für Vorgeschichte gepasst hätte.

Innerlich aufgerüstet mit einer ähnlich definierbaren Haltung gegenüber dem vortragenden Herrn Dr. Meller war ich Gast dieser Veranstaltung. Mindestens 6 weitere Stadträte aus unserem Kreis habe ich in einem sehr gut gefüllten Hörsaal mit vielen mir bekannten Gesichtern erkannt.
Voller Grimm und Angriffslust habe ich gespannt zugehört und mir notiert, was als Munition in einer Auseinandersetzung herhalten könnte. Natürlich hab ich diese Notizen auch mit, finde aber nicht so richtig eine angemessene Anwendungsmöglichkeit. Denn: Herr Dr. Meller bot einen charismatischen, rhetorisch blendend ausgeführten Vortrag an. Mehr als eine Stunde Spannung wurde geboten. Selbst einem ungewollten Beifall nach Abschluss seiner Darlegungen konnte ich mich nicht enthalten. Regelrecht entwaffnend war seine glaubhafte Entschuldigung vor den Magdeburgerinnen und Magdeburgern für die Art und Weise seines Handelns im Bereich der Kommunikation. 
Er entschuldigte sich auch ausdrücklich öffentlich vor dem Herrn Oberbürgermeister. Ist er ehrlich und glaubhaft, hab ich mir spontan notiert, oder sagt er hier: Asche auf mein Haupt und dann weiter wie gehabt?
Dann erfolgte eine von Frau Lydia Hüskens moderierte Diskussionsrunde.

Zunächst wurde verhalten und dann mehr und mehr nachgefragt und immer einmal wieder bemerkte ich im Kommentar von Herrn Dr. Meller Formulierungen wie: „Aber natürlich leihen wir unsere Funde auch aus, manchmal über Jahre, mitunter auch als Dauerleihgabe.“
Das veranlasste mich zu der Frage: (sinngemäße Wiedergabe) Ist denn alles von ihnen an jedwedem Ort Gefundenes ihr Eigentum, dass sie bereit sind es zu verleihen?
Ist es nicht eher Eigentum der Bürgerinnen und Bürger des Fundortes und müssten die nicht ihr Einverständnis erklären dieses an Sie zu verleihen?

Mir schien eine Unsicherheit in seiner Antwort, als er in Bezug auf den Dom zu Magdeburg von Preußischem Eigentum bis zum Eigentum der in Sachsen- Anhalt zuständigen Stiftung umherflanierte und bemerkte, das dies im übrigen durch das Gesetz geregelt sei.

Unter § 1 unserer Gemeindeordnung steht: Die Gemeinde ist Grundlage und Glied des demokratischen Staates.
Und dann darf eine Behörde des Landes etwas aus der Gemeinde – ich sag mal: heraus
"rauben" und jovial an kündigen: Wenn ich dir gewogen bin, dann kannst du das von mir ja ausleihen. 

Mir scheint, das Problem liegt nicht so sehr bei Herrn Dr. Meller, sondern eher bei dieser parteilosen Machtstellung, aus welcher heraus Partei in der Sache ergriffen wird. Mir scheint, mit harscher Kritik an Herrn Dr. Meller kritisieren wir an der parteilosen Ursache regelrecht vorbei – jede Wirkung hat schließlich eine glasklare Ursache.

Abschließend möchte ich noch auf einen Fakt hinweisen: Das Thema Mittelalter ist seit Jahren Dank der für unsere Stadt durch Prof. Dr. Puhle organisierten imageprägenden Veranstaltungen zu einem außerordentlich positiven Markenzeichen geworden. Parteilose Parteiergreifung hat jedoch inzwischen zu einem regelrechten Themendiebstahl geführt.

Dieser offensichtliche Diebstahl ist nun durch die Editha- Diskussion quasi angezeigt worden. Jetzt ist es an uns an diesem Thema dranzubleiben und dafür Sorge zu tragen, dass das Thema Mittelalter Thema des Kulturhistorischen Museums zu Magdeburg ist und bleibt.

Lassen Sie uns unsere gemeinsame Kraft darauf richten und nicht immer wieder gegen unsere weitere große und geschichtsträchtige (Händel-)Stadt im Süden des Landes.

Unser wirklicher Gegner ist eben einfach parteilos .... und klug!

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Es gilt das gesprochene Wort !!

Kategorie

Reden