Stadtratsfraktion

GRÜNE/future! MD

Interview mit Kathrin Natho

22.03.23 –

 

Was hat dich politisiert bzw. welches Ereignis hat dazu geführt, dass du dich entschieden hast für den Stadtrat zu kandidieren?
Ich wurde eigentlich dazu überredet. Es heißt immer: “Wir wollen junge Frauen in der Kommunalpolitik haben, die auch die Interessen dieser Gruppe vertreten.” Es ist aber manchmal schwer, diese vielen, jungen Frauen zu finden. Man kann nicht immer nur sagen, dass man Sachen machen muss, man muss sie dann auch selbst in die Hand nehmen.

Was ist dein politisches Herzensthema und warum sollten sich andere für dieses Thema interessieren?
Klima- und Umweltpolitik nach der Devise: Global denken, lokal handeln. Gerade bei diesem Thema gibt es viele internationale Abkommen, die uns beeinflussen (auf der EU- und Bundesebene, der Bundesgesetzgebung), aber am Ende entscheiden wir hier vor Ort über die Umsetzung und die Detailfragen. Es ist schon eine coole Sache, dass man das mitbestimmen kann. Wenn man sich, so wie ich, für das Grün in der Stadt oder Umweltpolitik interessiert, dann ist die Kommunalpolitik eine Möglichkeit, Teilhabe zu stärken und Verantwortung zu übernehmen.

Wie würdest du deine Politik in drei Worten beschreiben?
Sachlich, bestimmt in der Position, aber Lösungsorientiert.

Was war dein größter Erfolg in den vergangenen Jahren im Stadtrat?
Man kann das gar nicht so sagen mit einem persönlichen Erfolg, weil man in der Kommunalpolitik Mehrheiten braucht, die dann Entscheidungen bestimmen und beschließen. In den letzten drei Jahren war es der Beschluss zum Radentscheid, der wirklich die Verkehrswende in Magdeburg vorantreibt und der wegweisend ist für mehr Radwege in der Stadt.

Bis zur nächsten Wahl ist es noch gut 1 Jahr. Was willst du bis zum Ende dieser Wahlperiode noch unbedingt erreicht haben?
Die Baumschutzsatzung möchte ich noch verändert haben. Ich habe einen Antrag zur Baumschutzsatzung eingebracht, dass wir mehr Bäume mit aufnehmen und mehr Bäume geschützt werden, wie zum Beispiel auch jüngere Bäume, die noch nicht so einen dicken Stammumfang haben, aber auch Obstbäume oder große Hecken. All diese Bäume fallen aktuell nicht unter die Baumschutzsatzung. Das heißt, wenn diese abgängig sind, dann werden sie nicht mehr nachgepflanzt. Das muss sich auf alle Fälle ändern. Ich hoffe, dass wir das bis zur Kommunalwahl durchsetzen können, sodass wir eine zukunftsweisende Baumschutzsatzung in der Stadt haben werden.

Magdeburg 2050 ist…
eine freundliche und weltoffene Stadt, in die jeder gerne kommen kann, weil es einen ICE-Anschluss gibt und in der es flächendeckend sichere Radwege gibt.

2019 hat der Stadtrat beschlossen, 2035 klimaneutral zu sein. Sind wir auf dem richtigen Weg, um das Ziel einzuhalten?
Zumindest sind wir schon mal auf dem Weg, was ja schon mal gut ist. Aber ich glaube, wir haben es noch nicht geschafft, dass das Thema Klima und Umweltschutz tatsächlich ein Querschnittsthema aller Referate und aller Fachbereiche ist. Nur dann schafft man es, 2035 klimaneutral zu werden. Und ich sehe noch nicht, dass es die Priorität in der Verwaltung hat, die es haben müsste. Aber ich sehe, dass da durchaus eine Sensibilisierung stattfindet und dass man das mittlerweile stärker mit im Blick nimmt. Aber ja, der Weg ist noch lang und steinig.

Lange galt Magdeburg als eine der grünsten Städte. In den letzten Jahren aber vor allem auch als Stadt der vielen Baukräne. Immer mehr grüne Brachen werden überbaut. Wie können wir diesen Verlust in der Stadt ausgleichen?
Ich glaube, wir haben mehrere Stellschrauben. Zum einen können wir natürlich alle leeren Baumscheiben, die es im Stadtgebiet gibt, konsequent wiederbepflanzen, obwohl es vielleicht teuer und aufwendig wird. Zum anderen können wir Neubaugebiete so planen, dass dort mehr Grün als Verkehrsfläche entsteht. Aktuell ist das noch umgekehrt. Außerdem sollten Baugebiete konsequent mit Fassaden- und Dachbegrünung und einem großen Baumbestand gestaltet werden. Zum anderen müssen sich unsere Bautätigkeiten auf Brachen beschränken und keine weiteren Grünflächen beanspruchen. Grünflächen, die es gibt, müssen wir erhalten, pflegen, ertüchtigen oder auch mal neue Parks schaffen.

Wie schaffen wir mehr Grün?
Man könnte einen Beschluss für die Entstehung eines neuen Parks fassen. Wir haben sogar eine Planungsgrundlage dafür. Einen solchen Landschaftsplan hat nicht jede Stadt, darauf kann man auch schon stolz sein. Es gibt sehr gute Ideen, wo man Schutzgebiete ausweisen, Grünzüge verlängern oder Biotope vernetzen kann. Davon findet aber nur wenig im innerstädtischen Bereich statt. Das meiste passiert außerhalb, also im Südwesten und Südosten. Ziel ist es, sowohl ein grünes als auch ein blaues Band zu schaffen, mit dem unsere Gewässer zu potenziellen Biotopstrukturen vernetzt werden

Mehr Bäume zu haben, dass wünschen sich ja viele Menschen. Was sind denn die Hürden dabei, neue Straßenbäume aufzustellen?
Als größtes Problem gelten vor allem immer die Leitungsbestände. Und ich glaube aber, dass andere Aspekte noch wichtiger sind. Wenn man dann die Bebauungspläne vor sich hat, geht der meiste öffentliche Raum für die Straße drauf. Und wenn man dann aber fragt, warum machen wir an der Straße keine beidseitige Allee, dann ist dafür kein Platz mehr. Es ist ein Unding, dass wir für all diese Verkehrs- und Versorgungsflächen so viel Platz einplanen, aber für den Baum reicht es dann nicht mehr. Man müsste grundsätzlich sagen „Nein“ - also dann ist die Straße vielleicht auch mal schmaler. Und dafür hat dann aber eben noch ein Baum auf der anderen Seite Platz.

Besonders im Sommer schauen viele mit Bedauern auf die kurz geschnittenen und ausgetrockneten Grünflächen. Muss das wirklich sein?
Nein, eigentlich muss das nicht sein. Also ich denke, wir machen es wahrscheinlich aus Effizienzgründen und aus Personalmangel. Natürlich muss man auch mal mähen, aber halt nicht ständig. Es kommt auf den Zeitpunkt an. Man kann eine Wiese auch mal höher stehen lassen oder umweltschonender mähen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, auch die Wiesen zu schützen, gerade in der Zeit, in der es trocken ist. Gras höher stehen lässt, kann auch dem Boden helfen, Wasser länger zu speichern.

Anwohner*innen fragen immer wieder danach und der Stadtrat hat eine Luftmessung an der B1 auch schon zweimal beschlossen, trotzdem wird der Antrag mit Verweis auf die Kompetenzen des Landes nicht umgesetzt. Wie frei kann der Stadtrat bei Umwelt- und klimarelevanten Themen wirklich agieren?
Grundsätzlich ist es natürlich so, dass wir nicht frei von irgendwelchen Gesetzgebungsverfahren sind, also sind wir abhängig von der Bundes- und EU- Gesetzgebung oder auch von der des Landes. Es gibt natürlich Dinge, da kann man dann nicht viel machen und es erscheint irgendwie unsinnig. Also an dieser konkreten Stelle in der Albert-Vater-Straße scheint es ja unsinnig, wir wollen als Stadträte nur eine gute Entscheidungsgrundlage haben. Der Verweis darauf, man sei nicht zuständig, frustriert natürlich. Wenn die Stadtverwaltung tätig werden wollte, würde es Möglichkeiten geben, oft ist das eine Auslegungsfrage. Aber besonders im Klimaschutz begegnet uns das Kompetenzproblem immer wieder.

Magdeburg will klimaneutral werden, trotzdem gibt es keinen eigenen Klimaausschuss und der Umweltausschuss gilt lediglich als beratender, aber nicht beschlussfassender Ausschuss. Braucht die Magdeburger Kommunalpolitik einen mächtigen Umwelt- und Klimaausschuss?
Der Finanz- und Bauausschuss gelten als sehr bestimmende Ausschüsse. Der Umweltausschuss ist nur ein beratender Ausschuss und einen richtigen Klima- und Tierschutzausschuss haben wir ja auch nicht. Momentan hat der Umweltausschuss sieben Mitglieder, jede Fraktion ist mit einer Stimme vertreten. Das verändert die Mehrheitsverhältnisse. Der Bauausschuss hat mehr Mitglieder und ist beschließend. Gleichzeitig muss alles, was im Bauausschuss war, im Stadtrat auch noch mal beschlossen werden. Die Frage ist, ob es den Umweltausschuss automatisch mächtiger machen würde, wenn man ihn zu einem beschließenden Ausschuss macht. Dann müsste man auch diesen Ausschuss an die Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat anpassen. Prinzipiell wäre ein Klima- und Umweltausschuss aber eine feine Sache. Wir merken ja, dass das Thema Klima und Klimaneutralität halt noch nicht so richtig die Priorität hat.

Streuobstwiese oder Baumallee?
Streuobstwiese und Baumallee und Wald und Park.

Elbauenpark oder Stadtpark?
Stadtpark.

Schrote oder Elbe?
Elbe

Du hast inzwischen mehr als drei Jahre Erfahrung. Welche deiner Ansichten hat sich verändert über Kommunalpolitik, die Arbeit da oder was auch immer?
Wenn ich früher durch die Stadt gelaufen bin, habe ich mir immer gedacht: “Mensch haben die das nicht auf dem Schirm, was man da alles machen könnte oder wie das aussieht.” Das Thema Blühwiesen war ja immer so ein Beispiel. Und ich musste feststellen, die Stadträtinnen und Stadträte haben schon irgendwie viele Themen im Blick und versuchen das irgendwie alles zu beackern. Aber man muss immer Prioritäten setzen. Manche Sachen fallen auch mal hinten runter, andere werden vorgezogen. Im Großen und Ganzen bin ich immer wieder erstaunt darüber, wie viele Themen wir eigentlich im Stadtrat behandeln.

Gibt es denn auch aus den letzten Jahren eine kommunalpolitische Niederlage oder irgendwas, was nicht so gelaufen ist und worüber du dich ärgerst?
Oh ja, da gibt es mehrere. Das eine ist der gigantische Parkplatz, der bei der Sanierung der Stadthalle im Stadtpark entsteht. Das ist eine große Peinlichkeit. Ich schäme mich wirklich für diese Stadt, dass wir so einen großen hässlichen Parkplatz beschlossen haben, ohne einen Baum je fünf Parkplätze. Das ist überhaupt nicht mehr zeitgemäß. Und diese Aussage von, ich weiß nicht mehr, von wem sie kam: “Wir machen das, damit die Frauen in ihren Abendkleidern da entlanglaufen können.” Das ist einfach nur peinlich. Ich habe mir dann den Spaß gemacht und habe nachgesehen, welche Veranstaltungen es im letzten Jahr in der Stadthalle gab. Ich selber wäre zu keiner einzigen dieser Veranstaltungen im Abendkleid gekommen. Und selbst wenn, wäre das möglich gewesen. Darüber werde ich mich immer wieder ärgern, wenn ich da vorbeilaufe.

Was machst du in deiner Freizeit, wenn du nicht gerade Kommunalpolitik machst? Was ja viel Zeit braucht, aber abseits dessen?
Ich bin gerne mit Freunden beim Bierchen trinken oder bald in der schönen Jahreszeit kann man die Ernte des Gartens meditativ verarbeiten. Und ansonsten: Die Kinder freuen sich immer, wenn man mal da ist und mit ihnen spielen kann.

Was hast du für einen Geheimtipp für Stadtfeld-Ost?
Abends gehe ich tatsächlich auch mal gerne ins „Ginger“, die haben sehr leckere alkoholfreie Cocktails.

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