Sommerinterview mit Prof. Dr. Alexander Pott

Ich komme aus einem relativ politischen Haushalt. Mein Vater war in der CDU. Meine Mutter hielt nicht viel von Politik. Und so bin ich dann doch zur Hälfte mit der Politik groß geworden....

31.08.22 –

Was hat dich politisiert bzw. welches Ereignis hat dazu geführt, dass du dich entschieden hast für den Stadtrat zu kandidieren?

Ich komme aus einem relativ politischen Haushalt. Mein Vater war in der CDU. Meine Mutter hielt nicht viel von Politik. Und so bin ich dann doch zur Hälfte mit der Politik groß geworden. Ich war vor etwa zehn Jahren schon mal für die SPD im Stadtrat für zwei Jahre. Habe mich dann so ein bisschen mit dem einen oder an­deren Fraktionskollegen überworfen und habe mich dann zurück­gezogen. Vor der Kommunalwahl 2019 kam Jürgen Canehl auf mich zu und fragte, ob ich nicht für die Grünen kandidieren wollte. Mir sind damals, als ich vor zehn Jahren im Stadtrat war, die Grünen schon als eine Fraktion aufgefallen, die immer sehr gut vorbereitet war. Daher habe ich kandidiert um einer so gute Fraktion dabei zu unterstützen, mit mehr Abgeordneten in den Stadtrat einzuziehen. Und dass ich dann sogar selbst dazu gehört habe, hat mich schon ein bisschen überrascht.

 

Was ist dein politisches Herzensthema und warum sollten sich andere für dieses Thema interessieren?

Ich bin auch jemand, der viel Fahrrad fährt, aber da haben wir in der Fraktion schon sehr viele die sich für das Thema einsetzen. Was mich unglaublich interessiert und was wir auch versuchen auf der kommunale Ebene umzusetzen, ist die Energiewende. Nicht nur wegen des Klimawandels. Es ist eine einfache Rechnung: Un­sere Ressourcen auf diesem Planeten sind endlich. Wir können Gas und Öl nicht beliebig verbrennen. Das ist eine ein­fache Rechenaufgabe. Ich denke, jeder müsste einsehen, dass wir hier umsteuern müssen. Für mich ist es die Endlichkeit der Ressourcen, die unglaublich wichtig ist.

 

Was war dein größter Erfolg in den vergangen drei Jahren im Stadtrat?

Meine Wahl zum Vorsitzenden war natürlich schon eine gewisse Anerkennung für meine Art, ausgleichend im Rat zu wirken. Das hat mich sehr gefreut und geehrt. Ansonsten würde ich sagen, ist es die Tatsache, dass unsere Fraktion die Kultur im Stadtrat ein bisschen geändert hat. Es geht inzwischen viel mehr um Na­chhaltigkeit, viel mehr um das Fahrradfahren und auch

Nachhaltigkeit bei der bei Ausweisung von Baugebieten, Dachbegrünung... Und ich glaube, dass wir an vielen Stellen neue Akzente gesetzt haben.

 

Wie würdest du deine Politik in drei Worten beschrei­ben?

Nachhaltig und finanzierbar. Ich würde sagen, die bei­den Punkte reichen.

 

Bis zur nächsten Wahl sind es noch knapp zwei Jahre. Was willst du bis zum Ende dieser Wahlperiode noch unbedingt erreicht haben?

Ich glaube, eine ganz große Herausforderung in diesen zwei Jahren wird sein, was passiert, wenn der Tunnel geöffnet wird. Im Moment ist die Stadt schön ruhig, leer vom motorisierten Individualverkehr. Man muss aufpassen, was passiert, wenn der Tunnel geöffnet und die Autos dann alle wieder in die Innenstadt strömen. Ich glaube, das ist die Herausforderung dafür zu sor­gen, dass die Stadt verkehrsberuhigt bleibt, wenn Tunnel und Strombrücke fertig sind. Der Rahmenplan Innenstadt, den wir jetzt gerade in den Gremien behan­deln, ist ein richtig guter Aufschlag dafür.

Magdeburg 2050 ist…

weltoffen und klimaneutral.

 

Im nächsten Jahr stehen auf diesem Acker die Ba­ufahrzeuge. Was wird sich mit Intel für Magdeburg verändern?

Ich vermute im allerersten Schritt vielleicht gar nicht so viel, außer dass es noch schwerer wird, Handwerk­er zu bekommen. Ich denke, der Arbeitsmarkt wird kurzfristig noch stärker belastet. Mittelfristig wollen wir natürlich, dass noch viel mehr hochqualifizierte Arbeitsplätze entstehen.

 

Intel kommt vor die Magdeburger Haustür, aber direkt in den Ottersleber Vorgarten. Welche Auswirkungen hat das auf die Menschen in Ottersleben?

Also ich glaube auch für Ottersleben wird es gar nicht so eine große Veränderung. Wenn man hier rausfährt Rich­tung Westen kommt man erstmal an der Osterwed­dinger Chaussee vorbei, also die Umgehungsstraße um Ottersleben, und dann kommt man unter der Autobahn durch. Das sind schon zwei Barrieren. Der Ort hier ist zwar zwei Kilometer entfernt, aber die zwei Kilometer spürt man in Ottersleben schon, es ist weit draußen! Ich denke, dass sich auch die verkehrliche Belastung in Grenzen halten wird.

 

Nimm uns mal mit: Wie sieht eine normale Woche bei dir aus?

Ich habe einen „8 to 5“ Bürojob. Durch die Stadtratstätigkeit ist daraus ein „8 to 7“ Job geworden. Um 17 Uhr sind nach der Arbeit relativ häufig Sitzungen im Rathaus. Es ist wirklich gut, dass der Weg von der Universität nach Hause mich am Rathaus vorbeiführt, so dass ich keine langen Umwege fahren muss. Also von 8 bis 5 im Büro und dann ab 17 Uhr doch sehr häufig noch eine Sitzung im Rathaus.

 

Du bist nicht nur einfaches Stadtratsmitglied, sondern sogar Vorsitzender des Stadtrates. Was macht man als Vorsitzender?

Ja, das erste, was auffällt ist, dass man die Sitzungen des Stadtrates leitet. Das teile ich mir natürlich jetzt auch mit zwei fähigen Stellvertreter*innen. Eine ganz wich­tige Aufgabe der Sitzungsleitung ist die Vorbereitung. Wir treffen uns mit dem Oberbürgermeister, jetzt der Oberbürgermeisterin, um die Tagesordnung durchzus­prechen. Manchmal übersieht man dabei auch et­­was. Bei der kommenden Stadtratssitzung haben wir beispielsweise an irgendeiner Stelle die Reihenfolge ein bisschen unglücklich gemacht. Dazu gehören man­chmal aber auch repräsentative Aufgaben. So bin ich morgen beispielsweise beim 25-jährigen Jubiläum des Beirats für Integration und Migration der Stadt. Da darf ich ein Grußwort sprechen.

 

Was ist anstrengender eine Vorlesung oder eine Stadtratssitzung?

Ganz klar, die Ratssitzungen. Die sind viel unvorherse­hbarer, da passieren Dinge, die man nicht geahnt hätte. Es gibt Tagesordnungspunkte, von denen man dachte, die gehen ganz schnell durch und dann wird eine Stunde darüber diskutiert. Diese Unvorhersehbarkeit, macht es natürlich spannend, aber auch anstrengend.

 

Gibt es denn auch eine kommunalpolitische Nieder­lage oder ein Ereignis im Stadtrat, über die du dich heute noch ärgerst?

Meist nach den Stadtratssitzungen, die ich geleitet habe. Häufig denke ich mir, ich hätte an der einen oder ander­en Stelle mal anders reagieren müssen, hätte vielleicht doch mal einen Stadtrat für Äußerungen zurückweisen müssen. Da bin ich manchmal nicht schlagfertig genug. Das beschäftigt mich dann schon im Nachgang. Ich will jetzt keine konkreten Fälle ansprechen. Das würde so wirken, als ob man so olle Kamellen wieder aufwär­men möchte. Aber das passiert doch regelmäßig und darüber ärgere ich mich ein bisschen. Ansonsten finde ich es ärgerlich, dass das kostenlose Schüler*in­nenticket noch nicht geklappt hat.

 

 

 

Immer wieder ist die Rede von einer sogenannten Haushaltskonsolidierung. Was heißt das eigentlich und droht es Magdeburg wirklich?

Ich denke der Kommunalaufsicht ist klar, welche Prob­leme die Kommunen haben. Sie werden nicht so leicht­fertig zu diesem Werkzeug greifen. Es ist ja auch ein abgestuftes Werkzeug. Es heißt ja nicht plötzlich, dass eine Finanzkommissar*in kommt, die die Stadt dann leitet und die Oberbürgermeisterin quasi entmachtet. Es werden also erst einmal Anregungen kommen, wenn der Haushalt genehmigt werden muss, dass doch an der einen oder anderen Stelle vielleicht die Ausgaben reduziert werden müssen. Ich glaube nicht, dass es von heute auf morgen zu einer wirklichen Verwaltung der Stadt durch einen externen Kommissar oder Kommissarin kommt. Wir müssen aufpassen, welche Signale in Zukunft von der Kommunalaufsicht kom­men. Im schlimmsten Fall kann es wirklich sein, dass wir Stadträt*innen keine wesentlichen Beschlüsse mehr treffen können, die finanzielle Auswirkungen haben. Und eigentlich hat alles, was wir machen, finanzielle Auswirkungen.

 

Welchen Anteil hatte die Covid-19 Pandemie am Zu­stand des Magdeburg Haushaltes?

Wir bekommen bald den neuen Haushalt, der dann auch mit neuen Schätzungen daherkommt. Die Einnah­men im Steuerbereich sind natürlich weggebrochen, aber nicht so dramatisch, wie man es zu Beginn der Pandemie erwartet hatte. Bei den Gew­erbesteuern waren es so 12 Millionen im letzten Jahr gegenüber der mittelfristigen Finanzplanung. Wenn der Haushalt auf Kante gestrickt ist, sind 12 Millionen, die fehlen natürlich auch eine ganze Menge. Ich den­ke aber, dass das Defizit durch die Corona Pandemie geringer ausgefallen ist als vor zwei Jahren erwartet.

 

Werden sich die Finanzen der Stadt in den nächsten Jahren verbessern?

Wir werden sicherlich noch durch eine schwierige Phase gehen. Auch der Landeshaushalt und der Bun­deshaushalt sind eng gestrickt. In Magdeburg finanzier­en wir natürlich sehr, sehr viel über Beihilfen von diesen Ebenen, die jetzt aber auch sparen müssen. Das könnte ein Risiko für die nächsten Jahre sein. Ich hoffe, dass es nach dieser Delle und auch mit Intel in einigen Jahren deutlich bergauf geht.

 

Forschung oder Politik?
Forschung.

Rennrad oder Lastenrad?

Rennrad

 

Abenteuer Radtour oder All-Inclusive Urlaub?

Abenteuer Radtour

 

Zu seinem Abschied hast du es OB Lutz Trümper verraten: Wie viele mögliche Abstimmungskonstella­tionen im Stadtrat wären rechnerisch möglich?

Ich habe die jetzt auch nicht im Kopf. Es ist eine 39-stellige Zahl. Wir Mathematiker*innen nennen das kombinatorische Explosion. Man versucht die Anzahl von Kombinationen auszurechnen. Am Anfang sind die Zahlen noch klein, aber irgendwann einmal explodieren die Zahlen. Das Gleiche passiert also auch mit diesen Abstimmungskonstellationen im Stadtrat. Was ich gezählt habe ist eigentlich die ganze Anzahl Möglichkeiten, wie namentliche Abstimmungen protokolliert werden können. Also nicht nur einfach, es könnte 40 zu 5 ausgehen, sondern wie alle persönlich abstimmen. Rechnet man das Ergebnis aus kommt man auf diese unvorstellbar große Zahl.

 

Hast du eine Lieblingszahl?

Wenn es eine Zahl gibt, die nicht besonders ist, dann würden wir die kleinste Zahl nehmen, die nicht be­sonders ist, und dann ist sie deswegen eine besondere Zahl. Gut, das ist vielleicht so ein Mathematiker Insid­erwitz. Vielleicht ist die Zwei eine ganz schöne Zahl. Sie ist die einzige gerade Primzahl.

 

Was machst du, wenn du in deiner Freizeit, wenn gerade mal nicht Politik machst?

Ich fahre ziemlich viel Rennrad. Das ist auch relativ zeitintensiv. Ich fahr so viel, dass ich versuche, die Strecken immer anders modular zusammenzusetzen, um nicht immer dieselbe Runde zu fahren. Ich fahre aber immer gerne in Richtung Wanzleben. Da sind einige schöne Strecken, weil es dort wenig Autos gibt.

 

Hast du einen Geheimtipp für Ottersleben?

Ich darf ja keine Werbung machen, aber es gibt da ein schönes Landhaus-Lokal. *hust* Das ist natürlich etwas hochpreisig, aber das ist immer ein schönes Erlebnis, wenn man dahingeht. Ansonsten ist das ökumenische Dreikönigssingen am 6. Januar in der katholischen Kirche immer ein Höhepunkt in Ottersleben.

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