Rede des Vorsitzenden der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Haushalt 2017 in der SR-Sitzung am 12.12.2016

Der uns vorliegenden Haushaltsentwurf für das Jahr 2017 konnte nun erfreulicher Weise doch noch ausgeglichen werden, wie den Ausführungen des Finanzbeigeordneten zu entnehmen war. Das ist eine erfreuliche Situation, denn nicht ausgeglichene Haushalte bedeuten mehr Schulden und die Verschiebung der Finanzierung aktueller Belange in die Zukunft auf nachfolgende Generationen.Das der kurzfristige Ausgleich des Haushalts gelungen ist, liegt an einer günstigen Steuerschätzung, die ein dickes Plus von 1,5 Mio. € vorhersagt und auch an der Lösung eines Problems, welches uns in den vergangenen Jahren sehr beschäftigte, nämlich die Erhöhung...

12.12.16 –

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

der uns vorliegenden Haushaltsentwurf für das Jahr 2017 konnte nun erfreulicher Weise doch noch ausgeglichen werden, wie den Ausführungen des Finanzbeigeordneten zu entnehmen war. Das ist eine erfreuliche Situation, denn nicht ausgeglichene Haushalte bedeuten mehr Schulden und die Verschiebung der Finanzierung aktueller Belange in die Zukunft auf nachfolgende Generationen.
Das der kurzfristige Ausgleich des Haushalts gelungen ist, liegt an einer günstigen Steuerschätzung, die ein dickes Plus von 1,5 Mio. € vorhersagt und auch an der Lösung eines Problems, welches uns in den vergangenen Jahren sehr beschäftigte, nämlich die Erhöhung der Zuweisungen vom Land. Im letzten Jahr musste ich an dieser Stelle noch auf die desaströse Ausgestaltung der Kommunalfinanzen durch das Land eingehen.
Auch dieses Mal wäre unser Defizit wesentlich größer, wenn nicht er kommunale Finanzausgleich in Sachsen-Anhalt völlig neuen Prämissen folgen würde und dieses Mal funktioniert hätte. Die bisherige kontinuierliche Absenkung der Finanzausgleichsmasse wurde durch die Kenia-Koalition beendet und in einen kräftigen Aufwuchs verwandelt. Das absurde System, wonach jeder von einer Kommune eingesparte oder zusätzlich erwirtschaftete Euro von der Landeszuweisung abgesetzt, also für den Landeshaushalt vereinnahmt wurde, wurde beendet.
Mit der nun erfolgten Festschreibung der Finanzausgleichsmasse für die nächsten 5 Jahre haben wir eine neue Verlässlichkeit bei gleichzeitigem Anreiz für eigene Konsolidierungsbemühungen. Ihre Erfolge würden bei uns verbleiben. Seit der letzten Festsetzung vom 31.03.2016 wurde die FAG-Masse auf 1.628 Mio. €, also mit einem Plus von 184 Mio. € festgesetzt. Auch die Landeshauptstadt wird mit mehr als  18 Mio. € zusätzlich erheblich davon profitiert.

 

Investitionen 
Die geplanten Investitionen sind 2017 mit fast 90 Mio. € so hoch wie noch nie in einem Jahr. Das hat Licht- und Schattenseiten. Wir haben dabei unabweisbare Investitionen in erheblichem Umfang, so insbesondere für die Erneuerung des Strombrückenzugs. Der dort bestehende Investitionsbedarf ist uns seit Jahren dem Grunde nach bekannt und wird auch die städtischen Haushalte der nächsten Jahre noch prägen.
Ähnlich ist die Lage im Bereich der Kitas, wo wir erhebliche Summen in die überfällige Sanierung der Substanz und, bedingt durch den deutlichen und erfreulichen Anstieg der Kinderzahlen, in den Neubau von Kindertageseinrichtungen investieren. Wir Bündnisgrünen haben uns gefreut, dass die Stadtverwaltung die Bereitschaft und den Mut gezeigt hat, diese notwendigen Investitionen in den von ihr erarbeiteten Haushaltsentwurf aufzunehmen. Nach den seit vielen Jahren geführten Diskussionen über die unzureichende Ausstattung Magdeburgs mit Kita-Plätzen - ich erinnere an die lange zurückliegenden lebhaften Diskussionen, in den Thorsten Giefers für meine Ratsfraktion das Fehlen freier Kita-Plätze anmahnte und damals noch auf eine ungläubige Stadtverwaltung traf - müssen wir in diesem Bereich tatsächlich so klotzen, wie es der Entwurf vorsieht und dürfen nicht kleckern. Solche Investitionen in die Familien- und Kinderfreundlichkeit unserer Stadt sind Zukunftsinvestitionen, bei denen dann auch die zur Finanzierung der Kraftanstrengung erforderliche Kreditaufnahme gerechtfertigt ist.


Problematisch ist natürlich - und der Verweis wird sich wohl in den nächsten Jahren in jeder bündnisgrünen Haushaltsrede finden - insbesondere die Mammutinvestition Tunnel, die uns finanziell, aber eben auch wegen ihrer Sinnlosigkeit schmerzt.
Die nach wie vor unbeantwortete Frage nach den tatsächlichen Kosten für den Tunnelbau schwebt auch 2017 wie ein Damoklesschwert über den Finanzen der Stadt. Seit Januar ist klar, dass für den Bau weitere deutliche Mehrkosten zu Buche schlagen werden. Seitdem wird zwar weiter gebaut, aber es gibt keine verlässlichen Zahlen darüber, was es am Ende kosten wird und wo das Geld eigentlich herkommen soll.  Während andere Kommunen mit den zur Förderung des kommunalen Straßen- und Brückenbaus vom Land zur Verfügung gestellten Mitteln, sich an die Sanierung von Straßen und Brücken machen, nutzt die Magdeburger Stadtverwaltung die Mittel komplett zur teilweisen Finanzierung des Tunnels und tut dann noch so, als wäre es eine Förderung. Wir finden, es ist an der Zeit, dass die Verwaltung dem Stadtrat gegenüber endlich offenlegt, wo wir stehen und wie sie die Kostenexplosion eindämmen will.
Für den Tunnelbau erwarten wir, dass Maßnahmen, die die langwierige Teilung der Stadt in West und Ost mildern können, wie z.B. die vom Stadtrat empfohlene Baustellenbuslinie zwischen dem Zentrum von Stadtfeld und dem Hasselbachplatz, angeboten wird. Der MVB-Baustellenfahrplan muss zukünftig noch besser werden als bei der letzten Vollsperrung.

So ist denn die Diskussion über Investitionen natürlich vor allem auch eine über die Setzung von politischen Prioritäten. Wenn wir Bündnisgrünen Fehlinvestitionen beklagen, dann ist uns bewusst, dass die Mittel andernorts dringend notwendig wären. Nach wie vor beklagen wir die stiefmütterliche Behandlung insbesondere des Radverkehrs und die unzureichende Ausstattung des öffentlichen Personennahverkehrs.
Gefreut haben wir uns in diesem Zusammenhang jedoch, dass es dieses Jahr gelungen ist, interfraktionell einige Initiativen zur Verbesserung des Radverkehrs in der Stadt auf den Weg zu bringen. Gefordert hatte der Stadtrat wegen der durch die Tunnelbaustelle enormen Stauungen eine Baustellenampel. Die Verwaltung hat dann plötzlich eine dauerhafte Signalanlage im Haushalt angemeldet.
Glücklicherweise halten fast alle Fraktionen die vorgesehene dauerhafte Ampel in der Liebknecht-straße für überflüssig und die dafür notwendigen Mittel in Höhe von 220 Ts € konnten u.a. in einen von den Fraktionen erstellte „Investitionsprioritätenliste Radverkehr“ (ÄA 4) einfließen. Dafür vielen Dank auch an die Unterstützung der Fraktionen CDU/FDP/BfM, SPD und DIE LINKEN/future!.
Wir hoffen, dass dieses interfraktionelle Bündnis auch die dringend benötigten Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit zu dieser Thematik unterstützt. Die dafür beantragten 7.500,- € sind zwar nicht üppig, aber es ist ein hoffnungsvoller Anfang.
Dennoch werden in den kommenden Jahren weitere und mehr Mittel notwendig sein, wenn der Radverkehr in Magdeburg dauerhaft und vor allem innerstädtisch eine größere Rolle spielen soll. Wir werden diesbezüglich auch in den kommenden Jahren verstärkt auf die Fraktionen des Stadtrates zugehen, um in dieser Frage gemeinsam vorzugehen.
Aus bündnisgrüner Sicht gibt es leider einen „grünen Investitionsstau“ zu beklagen, es fehlt schlichtweg an Investitionen in unser Stadtgrün. Magdeburg schmückte sich früher mit dem Titel "grünste Stadt" - der wird heute nur noch ironisch verwendet. Über viele Jahre hat die Stadt die im Laufe der Zeit entstehenden Grün-Verluste nicht mehr ausgeglichen - da rede ich noch nicht mal von der Sonderproblematik des 
Asiatischen Laubholzbockkäfers.
Wir finden, es muss wieder mehr in das sogenannte Straßenbegleitgrün und dessen Pflege investiert worden. Die Verluste müssen ausgeglichen und die leeren Baumscheiben neu bepflanzt werden. Auch die Pflege der Pflanzungen muss ausreichend überwacht werden, damit das Unkraut nicht höher steht als die Pflanzen.
Wir wünschen uns, dass Magdeburg dem Schutz seiner Grünflächen mehr Aufmerksamkeit und auch Haushaltsmittel widmet, denn die Lebensqualität in einer Stadt ist auch von Zahl und Zustand der Grünflächen abhängig. Für die Fachleute ist unbestritten, dass Grünflächen besonders wichtig sind, um die Auswirkungen des Klimawandels wie Starkregen oder Hitze-Inseln besonders in Großstädten abzumildern.

Eine in finanzieller Hinsicht noch große Unbekannte ist die notwendige Tragwerksertüchtigung des Stadions. Welche Möglichkeiten der Ertüchtigung es gibt und welche Kosten das nach sich ziehen würde, ist offen, ebenso wie die Frage, wo das Geld dafür herkommen soll.

 

Sozialausgaben
Was besonders auffällt ist die Höhe der Sozialausgaben, die mittlerweile 35% des Gesamthaushaltes umfassen. Doch trotz der sinkenden Arbeitslosenzahlen (unter 10 %) und den ständig zunehmenden finanziellen Anstrengungen der Stadt im Bereich der Hilfen zur Erziehung und Umsetzung des KiföG befinden sich 27% aller Minderjährigen in Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften (2011 waren es nur 22%).
Überdurchschnittlich von Armut betroffen sind Jungen und Mädchen in Familien mit einem allein-erziehenden Elternteil oder mit mehr als zwei Kindern. In Magdeburg sind das aktuell 3.279 (die meisten davon Frauen) mit insgesamt 5.060 Kindern.

Je länger Kinder in Armut leben, desto gravierender sind die Folgen. Die Auswertung einer Vielzahl von Studien der vergangenen Jahrzehnte ist zu dem Ergebnis gelangt, dass arme Kinder sozial isolierter aufwachsen, gesundheitliche Nachteile haben und häufiger Probleme auf ihrem Bildungs-weg haben als Altersgenossen, deren Eltern keine finanziellen Sorgen haben.
Allein mit weiteren Erhöhungen des Kindergeldes auf Bundesebene wird dieser anhaltende Trend nicht zu stoppen sein. Neben notwendigen Maßnahmen des Bundes sind auch die Länder (Berlin ist gerade dabei, die Kosten für die Kinderbetreuung komplett abzuschaffen) und auch wir als Stadt gefordert. Sicherlich wird Magdeburg dem Beispiel Berlins nicht so ohne weiteres folgen können, aber es gibt dennoch ein paar Maßnahmen, die auch finanzierbar wären.
So sollte z.B. über kostenlose ÖPNV-Nutzung für Kinder und Jugendliche nachgedacht werden sowie über die Ausweitung der Schulsozialarbeit und des Magdeburg-Passes. Es gehört zu unseren Aufgaben, den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Gemeinwesen zu gewährleisten und dafür Sorge zu tragen, dass niemand abgehängt wird.

 

Bildungspolitik
Mit dem Grundsatzbeschluss zum Schulneubau einer Grundschule in Stadtfeld und den Ersatzneubau in Brückfeld ist für uns ein fast fünf Jahre langer Kampf um die Lösung der Raumprobleme der IGS „Willy-Brandt“ und der GS „Am Westring“ auf der Zielgeraden. Wir hoffen nun, dass diese neuen Schulen auch so gebaut werden, dass sie den räumlichen Anforderungen an einen modernen Unterricht gerecht werden können. Die bisherigen Planungen mit 2 mje Kind sind hingegen nicht mehr zeitgemäß. Moderne Unterrichtsmethoden und Arbeit in Kleingruppen erfordern mindestens 2,5 moder mehr. Wir hatten ja erst am Donnerstag Gelegenheit dazu zu debattieren.
Die notwendigen Planungskosten sollen aus dem Ansatz des Jahres 2016 in das nächste Jahr über-tragen werden, so hat der Beigeordnete für Kultur, Schule und Sport, Herr Prof. Dr. Puhle, dem Stadtrat gegenüber in seiner letzten Sitzung im Zusammenhang mit der Optimierung der Schulbezirke versichert, dass diese Kosten für das HH-Jahr 2017 eingestellt sind.
Nun ist es an der Zeit, auch für Ottersleben eine vernünftige Lösung in Form eines Neubaus zu finden und auch die notwendigen Mittel für die dringenden Sanierungsarbeiten an der GS Westerhüsen bereitzustellen.
Unabhängig davon ist die Ausstattung, insbesondere im IT-Bereich in manchen Schulen (und auch Berufsschulen) immer noch ausgesprochen mangelhaft. Der BSS-Ausschuss hatte schon zum HH 2016 einen diesbezüglichen Antrag gestellt und 100 Ts € in 2016 zusätzlich aufgenommen. Allerdings hat sich die Situation dadurch nicht grundlegend verbessert. Auch hier sollten die Fraktionen künftig gemeinsam an einem Strang ziehen.

 

Flüchtlinge
Für die Landeshauptstadt Magdeburg zeichnet sich laut der aktuellen Infovorlage zur Flüchtlingssituation in der Stadt auch weiterhin ein deutlicher Rückgang der Flüchtlingszuwanderung im Vergleich zum Jahresende 2015 ab. Die 2015 geschaffenen Kapazitäten zur Unterbringung wurden daher 2016 kontinuierlich zurückgebaut und die Schließung weiterer Gemeinschaftsunterkünfte ist auch in 2017 geplant, denn die Leerstandkosten sind erheblich und müssen daher zwingend reduziert werden.
Auch bei den Kostenerstattungen für ausländische Kinder und Jugendliche durch das Landesjugend-amt gibt es erhebliche Defizite. So stehen den in Rechnung gestellte Kostenerstattungen von etwa 1 Mio. € tatsächliche Erstattungen von knapp 300 Ts € gegenüber, also gerade mal 1/3 der Kosten sind beglichen. Als Grund gibt die Verwaltung verspätet eingeleitete Verwaltungsabläufe zur Kostenerstattung und nicht ausreichende Personalressourcen im Jugendamt an. Dort ist Handlungsbedarf.

 

Kultur
Kulturhauptstadt ist nicht zum Nulltarif zu haben. Wir haben zwar erhebliche Sachen im Haushalt drin, aber es muss einem doch klar sein, dass man den Titel Kulturhauptstadt nicht damit gewinnt, dass man Ballett und Theater vorhält, was natürlich auch sein muss. Es geht aber auch um die freie Kulturszene und Kultur, die weit darüber hinaus geht. Das ist die Stadt selber, die Kultur lebt. Und da kommt ein harmloser Antrag, der 30 Ts € mehr will aktuell und insgesamt 100 Ts €.
Wir haben gesehen wie volatil der Haushalt insgesamt war. Als ich die Rede schrieb, war der Haushalt noch mit 2,8 Mio. € im Minus, jetzt ist er ausgeglichen. In einem Haushalt mit mehr 700 Mio. € ist doch im gewissen Sinne Platz da. Bei nur 30 Ts € zu sagen, dass das gar nicht gehen soll, hat mich verblüfft. Das sollte man so nicht machen, da müssen wir ran.
Der letzte Antrag mit dem „hüpfenden“ Stadion kommt mit 300 Ts € daher. Das ist die zehnfache Summe. Da geht es um Planungskosten, über die Frage, wie man die Statik wieder hinbekommen kann. Das muss man tatsächlich sehen, wie man das macht, aber wenn man das im Vergleich sieht.
Wir wollen als Kulturhauptstadt etwas erreichen. Da kann man nicht sagen, dass diese Summen nicht möglich sind und  jetzt das Fass am überlaufen ist.
Wir haben zwei Anträge dazu, die in diese Richtung gehen. Es ist wichtig, wenn man die Kulturszene in Magdeburg nach vorne bringen will. Man wird da was machen müssen.
Und bei den Statistiken, traue keiner Statistik, die du nicht selbst aufgestellt hast. Ich bin ein großer Freund unseres Archives, aber wenn ich sehe, dass dies im großen Topf Kultur mit drin ist, dann habe ich so meine Zweifel, denn mit dem Archiv wird man es sicher nicht reißen, die Kulturhauptstadtbewerbung für sich zu entscheiden.

 

Wirtschaft
Sorge bereitet auch zukünftig die Innenstadtentwicklung: Die (ich glaube einstimmige) Annahme des grünen Antrages zur Entwicklung des Maßnahmenplans Innenstadthandel war ein starkes Zeichen des Stadtrates für eine positive Entwicklung des Stadtbildes und Lebens. Hier müssen die Aktivitäten weitergehen, der Plan vorgelegt und in den folgenden Jahren auch finanziell untersetzt wird. Aber die LH Magdeburg darf nicht den Fehler machen, durch den Ausbau von weiterem innenstadtrelevanten Einzelhandel an den Stadträndern diese Bemühungen selbst wieder zu zerstören.
Die Ottostadtkampagne ist dauerhaftes Diskussionsthema im Rat und die Durchführung eine Stadtmarketingkampagne letztlich folgerichtig, auch wenn wir über ihre zukünftige Ausgestaltung reden müssen. Die Bewerbung um die Europäische Kulturhauptstadt wird in die Kampagne einzubeziehen sein. Ärgerlich ist nach wie vor die Ausgabe von Mitteln der Kampagne für Aktionen, die weniger inhaltlich begründet zu sein scheinen wie "Otto reitet" und "Otto macht Mode".
In der städtischen Wissenschaftspolitik wären mehr fruchtbringende Kooperation zwischen Stadt und Wissenschaft wünschenswert. Das Scheitern von Projekten wie der Zukunftsstadt innerhalb der Stadtverwaltung zeigt, dass hier mehr Aufmerksamkeit und Engagement erforderlich ist. Auch die nach der Anfrage des bündnisgrünen Stadtrates Assmann bekannt gewordene Nichtweiterführung von "Green Cities", wirft ein negatives Licht. Das Engagement im Sinne einer nachhaltigen Industrieentwicklung ist innerhalb der Stadtverwaltung nur in geringem Maße vorhanden.

 

Haushaltsverfahren
Wie auch schon zu den letzten Haushalten ist wieder kritisches zum Aufstellungsverfahren zu sagen. Der doppische Haushalt ist für die Stadträte praktisch nicht nachvollziehbar. Das wichtigste Recht des Stadtrates, nämlich das Haushaltsrecht, hat der Rat praktisch aus der Hand gegeben. Eine wirklich inhaltliche Auseinandersetzung mit der Frage, wo geben wir zu viel Geld aus, wo zu wenig, findet nicht ernsthaft statt. Dementsprechend erschöpfen sich die Haushaltsanträge in einer Art weihnachtlicher Wunschäußerung, die diesmal eher harmlose 1,7 Mill €, etwa 0,25 % des Haushalts betreffen. Die in der Geschäftsordnung enthaltene Pflicht zur Angabe von Deckungsquellen wird nicht eingehalten, ist vielleicht auch gar nicht einhaltbar.
Auch wir Bündnisgrünen haben es faktisch aufgegeben, da man den eigenen Anträgen dann nur einen "unnötigen" Klotz als Bein bindet, wenn man sich mit der Finanzierung befasst. Von den 30 gestellten Anträgen genügt nur der interfraktionell gestellte Antrag zum Radverkehr und mit Augen zudrücken der grüne Antrag zu den Ortschaftsräten den Ansprüchen. Vier Anträge nennen verschämt ein Budget, was die Kosten stemmen soll, ohne Angabe was da dann eben nicht mehr finanziert werden soll. Die restlichen 24 Anträge nennen keine Deckungsquelle. Größter Sünder der Oberbürgermeister, der zwar 11,2 weitere Stellen beantragt und auch weiß, dass das 627.100 € kostet, zur Deckungsquelle aber vornehm schweigt. Auch der Antrag auf eine halbe Millionen für den Sportplatz Hermann-Hesse-Straße, ein Antrag der CDU, verzichtet auf lästige Finanzierungsfragen. Bei dieser Größenordnung finde ich das dann nicht mehr vertretbar.

Insgesamt bräuchten wir eine grundsätzlich andere Herangehensweise an den Haushalt und auch eine seriöseres Umgehen mit den Zahlen und Mitteln.

Der jetzt vorliegende Haushalt enthält inhaltlich einige richtige Weichenstellungen, lässt an anderer Stelle aber die von meiner Fraktion gewünschte deutliche Prioritätensetzung in den von mir benannten Richtungen vermissen. Aus diesem Grund werden wir uns zum Haushalt 2017 enthalten.

Es gilt das gesprochene Wort!

 

gez. Olaf Meister
Fraktionsvorsitzender
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Damen und Herren,

der uns vorliegenden Haushaltsentwurf für das Jahr 2017 konnte nun erfreulicher Weise doch noch ausgeglichen werden, wie den Ausführungen des Finanzbeigeordneten zu entnehmen war. Das ist eine erfreuliche Situation, denn nicht ausgeglichene Haushalte bedeuten mehr Schulden und die Verschiebung der Finanzierung aktueller Belange in die Zukunft auf nachfolgende Generationen.

Das der kurzfristige Ausgleich des Haushalts gelungen ist, liegt an einer günstigen Steuerschätzung, die ein dickes Plus von 1,5 Mio. € vorhersagt und auch an der Lösung eines Problems, welches uns in den vergangenen Jahren sehr beschäftigte, nämlich die Erhöhung der Zuweisungen vom Land. Im letzten Jahr musste ich an dieser Stelle noch auf die desaströse Ausgestaltung der Kommunalfinanzen durch das Land eingehen.

Auch dieses Mal wäre unser Defizit wesentlich größer, wenn nicht er kommunale Finanzausgleich in Sachsen-Anhalt völlig neuen Prämissen folgen würde und dieses Mal funktioniert hätte. Die bisherige kontinuierliche Absenkung der Finanzausgleichsmasse wurde durch die Kenia-Koalition beendet und in einen kräftigen Aufwuchs verwandelt. Das absurde System, wonach jeder von einer Kommune eingesparte oder zusätzlich erwirtschaftete Euro von der Landeszuweisung abgesetzt, also für den Landeshaushalt vereinnahmt wurde, wurde beendet.

Mit der nun erfolgten Festschreibung der Finanzausgleichsmasse für die nächsten 5 Jahre haben wir eine neue Verlässlichkeit bei gleichzeitigem Anreiz für eigene Konsolidierungsbemühungen. Ihre Erfolge würden bei uns verbleiben. Seit der letzten Festsetzung vom 31.03.2016 wurde die FAG-Masse auf 1.628 Mio. €, also mit einem Plus von 184 Mio. € festgesetzt. Auch die Landeshauptstadt wird mit mehr als  18 Mio. € zusätzlich erheblich davon profitiert.

 

Investitionen 
Die geplanten Investitionen sind 2017 mit fast 90 Mio. € so hoch wie noch nie in einem Jahr. Das hat Licht- und Schattenseiten. Wir haben dabei unabweisbare Investitionen in erheblichem Umfang, so insbesondere für die Erneuerung des Strombrückenzugs. Der dort bestehende Investitionsbedarf ist uns seit Jahren dem Grunde nach bekannt und wird auch die städtischen Haushalte der nächsten Jahre noch prägen.

Ähnlich ist die Lage im Bereich der Kitas, wo wir erhebliche Summen in die überfällige Sanierung der Substanz und, bedingt durch den deutlichen und erfreulichen Anstieg der Kinderzahlen, in den Neubau von Kindertageseinrichtungen investieren. Wir Bündnisgrünen haben uns gefreut, dass die Stadtverwaltung die Bereitschaft und den Mut gezeigt hat, diese notwendigen Investitionen in den von ihr erarbeiteten Haushaltsentwurf aufzunehmen. Nach den seit vielen Jahren geführten Diskussionen über die unzureichende Ausstattung Magdeburgs mit Kita-Plätzen - ich erinnere an die lange zurückliegenden lebhaften Diskussionen, in den Thorsten Giefers für meine Ratsfraktion das Fehlen freier Kita-Plätze anmahnte und damals noch auf eine ungläubige Stadtverwaltung traf - müssen wir in diesem Bereich tatsächlich so klotzen, wie es der Entwurf vorsieht und dürfen nicht kleckern. Solche Investitionen in die Familien- und Kinderfreundlichkeit unserer Stadt sind Zukunftsinvestitionen, bei denen dann auch die zur Finanzierung der Kraftanstrengung erforderliche Kreditaufnahme gerechtfertigt ist.

 

Problematisch ist natürlich - und der Verweis wird sich wohl in den nächsten Jahren in jeder bündnisgrünen Haushaltsrede finden - insbesondere die Mammutinvestition Tunnel, die uns finanziell, aber eben auch wegen ihrer Sinnlosigkeit schmerzt.

Die nach wie vor unbeantwortete Frage nach den tatsächlichen Kosten für den Tunnelbau schwebt auch 2017 wie ein Damoklesschwert über den Finanzen der Stadt. Seit Januar ist klar, dass für den Bau weitere deutliche Mehrkosten zu Buche schlagen werden. Seitdem wird zwar weiter gebaut, aber es gibt keine verlässlichen Zahlen darüber, was es am Ende kosten wird und wo das Geld eigentlich herkommen soll.  Während andere Kommunen mit den zur Förderung des kommunalen Straßen- und Brückenbaus vom Land zur Verfügung gestellten Mitteln, sich an die Sanierung von Straßen und Brücken machen, nutzt die Magdeburger Stadtverwaltung die Mittel komplett zur teilweisen Finanzierung des Tunnels und tut dann noch so, als wäre es eine Förderung. Wir finden, es ist an der Zeit, dass die Verwaltung dem Stadtrat gegenüber endlich offenlegt, wo wir stehen und wie sie die Kostenexplosion eindämmen will.

Für den Tunnelbau erwarten wir, dass Maßnahmen, die die langwierige Teilung der Stadt in West und Ost mildern können, wie z.B. die vom Stadtrat empfohlene Baustellenbuslinie zwischen dem Zentrum von Stadtfeld und dem Hasselbachplatz, angeboten wird. Der MVB-Baustellenfahrplan muss zukünftig noch besser werden als bei der letzten Vollsperrung. 

 

So ist denn die Diskussion über Investitionen natürlich vor allem auch eine über die Setzung von politischen Prioritäten. Wenn wir Bündnisgrünen Fehlinvestitionen beklagen, dann ist uns bewusst, dass die Mittel andernorts dringend notwendig wären. Nach wie vor beklagen wir die stiefmütterliche Behandlung insbesondere des Radverkehrs und die unzureichende Ausstattung des öffentlichen Personennahverkehrs.

Gefreut haben wir uns in diesem Zusammenhang jedoch, dass es dieses Jahr gelungen ist, interfraktionell einige Initiativen zur Verbesserung des Radverkehrs in der Stadt auf den Weg zu bringen. Gefordert hatte der Stadtrat wegen der durch die Tunnelbaustelle enormen Stauungen eine Baustellenampel. Die Verwaltung hat dann plötzlich eine dauerhafte Signalanlage im Haushalt angemeldet.

Glücklicherweise halten fast alle Fraktionen die vorgesehene dauerhafte Ampel in der Liebknecht-straße für überflüssig und die dafür notwendigen Mittel in Höhe von 220 Ts € konnten u.a. in einen von den Fraktionen erstellte „Investitionsprioritätenliste Radverkehr“ (ÄA 4) einfließen. Dafür vielen Dank auch an die Unterstützung der Fraktionen CDU/FDP/BfM, SPD und DIE LINKEN/future!.

Wir hoffen, dass dieses interfraktionelle Bündnis auch die dringend benötigten Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit zu dieser Thematik unterstützt. Die dafür beantragten 7.500,- € sind zwar nicht üppig, aber es ist ein hoffnungsvoller Anfang. 

Dennoch werden in den kommenden Jahren weitere und mehr Mittel notwendig sein, wenn der Radverkehr in Magdeburg dauerhaft und vor allem innerstädtisch eine größere Rolle spielen soll. Wir werden diesbezüglich auch in den kommenden Jahren verstärkt auf die Fraktionen des Stadtrates zugehen, um in dieser Frage gemeinsam vorzugehen.

Aus bündnisgrüner Sicht gibt es leider einen „grünen Investitionsstau“ zu beklagen, es fehlt schlichtweg an Investitionen in unser Stadtgrün. Magdeburg schmückte sich früher mit dem Titel "grünste Stadt" - der wird heute nur noch ironisch verwendet. Über viele Jahre hat die Stadt die im Laufe der Zeit entstehenden Grün-Verluste nicht mehr ausgeglichen - da rede ich noch nicht mal von der Sonderproblematik des Asiatischen Laubholzbockkäfers.

Wir finden, es muss wieder mehr in das sogenannte Straßenbegleitgrün und dessen Pflege investiert worden. Die Verluste müssen ausgeglichen und die leeren Baumscheiben neu bepflanzt werden. Auch die Pflege der Pflanzungen muss ausreichend überwacht werden, damit das Unkraut nicht höher steht als die Pflanzen. 

Wir wünschen uns, dass Magdeburg dem Schutz seiner Grünflächen mehr Aufmerksamkeit und auch Haushaltsmittel widmet, denn die Lebensqualität in einer Stadt ist auch von Zahl und Zustand der Grünflächen abhängig. Für die Fachleute ist unbestritten, dass Grünflächen besonders wichtig sind, um die Auswirkungen des Klimawandels wie Starkregen oder Hitze-Inseln besonders in Großstädten abzumildern.

Eine in finanzieller Hinsicht noch große Unbekannte ist die notwendige Tragwerksertüchtigung des Stadions. Welche Möglichkeiten der Ertüchtigung es gibt und welche Kosten das nach sich ziehen würde, ist offen, ebenso wie die Frage, wo das Geld dafür herkommen soll.

 

Sozialausgaben

Was besonders auffällt ist die Höhe der Sozialausgaben, die mittlerweile 35% des Gesamthaushaltes umfassen. Doch trotz der sinkenden Arbeitslosenzahlen (unter 10 %) und den ständig zunehmenden finanziellen Anstrengungen der Stadt im Bereich der Hilfen zur Erziehung und Umsetzung des KiföG befinden sich 27% aller Minderjährigen in Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften (2011 waren es nur 22%). 

Überdurchschnittlich von Armut betroffen sind Jungen und Mädchen in Familien mit einem allein-erziehenden Elternteil oder mit mehr als zwei Kindern. In Magdeburg sind das aktuell 3.279 (die meisten davon Frauen) mit insgesamt 5.060 Kindern.

 

Je länger Kinder in Armut leben, desto gravierender sind die Folgen. Die Auswertung einer Vielzahl von Studien der vergangenen Jahrzehnte ist zu dem Ergebnis gelangt, dass arme Kinder sozial isolierter aufwachsen, gesundheitliche Nachteile haben und häufiger Probleme auf ihrem Bildungs-weg haben als Altersgenossen, deren Eltern keine finanziellen Sorgen haben.

Allein mit weiteren Erhöhungen des Kindergeldes auf Bundesebene wird dieser anhaltende Trend nicht zu stoppen sein. Neben notwendigen Maßnahmen des Bundes sind auch die Länder (Berlin ist gerade dabei, die Kosten für die Kinderbetreuung komplett abzuschaffen) und auch wir als Stadt gefordert. Sicherlich wird Magdeburg dem Beispiel Berlins nicht so ohne weiteres folgen können, aber es gibt dennoch ein paar Maßnahmen, die auch finanzierbar wären.

So sollte z.B. über kostenlose ÖPNV-Nutzung für Kinder und Jugendliche nachgedacht werden sowie über die Ausweitung der Schulsozialarbeit und des Magdeburg-Passes. Es gehört zu unseren Aufgaben, den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Gemeinwesen zu gewährleisten und dafür Sorge zu tragen, dass niemand abgehängt wird.

 

Bildungspolitik

Mit dem Grundsatzbeschluss zum Schulneubau einer Grundschule in Stadtfeld und den Ersatzneubau in Brückfeld ist für uns ein fast fünf Jahre langer Kampf um die Lösung der Raumprobleme der IGS „Willy-Brandt“ und der GS „Am Westring“ auf der Zielgeraden. Wir hoffen nun, dass diese neuen Schulen auch so gebaut werden, dass sie den räumlichen Anforderungen an einen modernen Unterricht gerecht werden können. Die bisherigen Planungen mit 2 mje Kind sind hingegen nicht mehr zeitgemäß. Moderne Unterrichtsmethoden und Arbeit in Kleingruppen erfordern mindestens 2,5 moder mehr. Wir hatten ja erst am Donnerstag Gelegenheit dazu zu debattieren.

Die notwendigen Planungskosten sollen aus dem Ansatz des Jahres 2016 in das nächste Jahr über-tragen werden, so hat der Beigeordnete für Kultur, Schule und Sport, Herr Prof. Dr. Puhle, dem Stadtrat gegenüber in seiner letzten Sitzung im Zusammenhang mit der Optimierung der Schulbezirke versichert, dass diese Kosten für das HH-Jahr 2017 eingestellt sind.

Nun ist es an der Zeit, auch für Ottersleben eine vernünftige Lösung in Form eines Neubaus zu finden und auch die notwendigen Mittel für die dringenden Sanierungsarbeiten an der GS Westerhüsen bereitzustellen.

Unabhängig davon ist die Ausstattung, insbesondere im IT-Bereich in manchen Schulen (und auch Berufsschulen) immer noch ausgesprochen mangelhaft. Der BSS-Ausschuss hatte schon zum HH 2016 einen diesbezüglichen Antrag gestellt und 100 Ts € in 2016 zusätzlich aufgenommen. Allerdings hat sich die Situation dadurch nicht grundlegend verbessert. Auch hier sollten die Fraktionen künftig gemeinsam an einem Strang ziehen.

 

Flüchtlinge

Für die Landeshauptstadt Magdeburg zeichnet sich laut der aktuellen Infovorlage zur Flüchtlingssituation in der Stadt auch weiterhin ein deutlicher Rückgang der Flüchtlingszuwanderung im Vergleich zum Jahresende 2015 ab. Die 2015 geschaffenen Kapazitäten zur Unterbringung wurden daher 2016 kontinuierlich zurückgebaut und die Schließung weiterer Gemeinschaftsunterkünfte ist auch in 2017 geplant, denn die Leerstandkosten sind erheblich und müssen daher zwingend reduziert werden.

Auch bei den Kostenerstattungen für ausländische Kinder und Jugendliche durch das Landesjugend-amt gibt es erhebliche Defizite. So stehen den in Rechnung gestellte Kostenerstattungen von etwa 1 Mio. € tatsächliche Erstattungen von knapp 300 Ts € gegenüber, also gerade mal 1/3 der Kosten sind beglichen. Als Grund gibt die Verwaltung verspätet eingeleitete Verwaltungsabläufe zur Kostenerstattung und nicht ausreichende Personalressourcen im Jugendamt an. Dort ist Handlungsbedarf.

 

Wirtschaft

Sorge bereitet auch zukünftig die Innenstadtentwicklung: Die (ich glaube einstimmige) Annahme des grünen Antrages zur Entwicklung des Maßnahmenplans Innenstadthandel war ein starkes Zeichen des Stadtrates für eine positive Entwicklung des Stadtbildes und Lebens. Hier müssen die Aktivitäten weitergehen, der Plan vorgelegt und in den folgenden Jahren auch finanziell untersetzt wird. Aber die LH Magdeburg darf nicht den Fehler machen, durch den Ausbau von weiterem innenstadtrelevanten Einzelhandel an den Stadträndern diese Bemühungen selbst wieder zu zerstören. 

Die Ottostadtkampagne ist dauerhaftes Diskussionsthema im Rat und die Durchführung eine Stadtmarketingkampagne letztlich folgerichtig, auch wenn wir über ihre zukünftige Ausgestaltung reden müssen. Die Bewerbung um die Europäische Kulturhauptstadt wird in die Kampagne einzubeziehen sein. Ärgerlich ist nach wie vor die Ausgabe von Mitteln der Kampagne für Aktionen, die weniger inhaltlich begründet zu sein scheinen wie "Otto reitet" und "Otto macht Mode".

In der städtischen Wissenschaftspolitik wären mehr fruchtbringende Kooperation zwischen Stadt und Wissenschaft wünschenswert. Das Scheitern von Projekten wie der Zukunftsstadt innerhalb der Stadtverwaltung zeigt, dass hier mehr Aufmerksamkeit und Engagement erforderlich ist. Auch die nach der Anfrage des bündnisgrünen Stadtrates Assmann bekannt gewordene Nichtweiterführung von "Green Cities", wirft ein negatives Licht. Das Engagement im Sinne einer nachhaltigen Industrieentwicklung ist innerhalb der Stadtverwaltung nur in geringem Maße vorhanden.

 

Haushaltsverfahren

Wie auch schon zu den letzten Haushalten ist wieder kritisches zum Aufstellungsverfahren zu sagen. Der doppische Haushalt ist für die Stadträte praktisch nicht nachvollziehbar. Das wichtigste Recht des Stadtrates, nämlich das Haushaltsrecht, hat der Rat praktisch aus der Hand gegeben. Eine wirklich inhaltliche Auseinandersetzung mit der Frage, wo geben wir zu viel Geld aus, wo zu wenig, findet nicht ernsthaft statt. Dementsprechend erschöpfen sich die Haushaltsanträge in einer Art weihnachtlicher Wunschäußerung, die diesmal eher harmlose 1,7 Mill €, etwa 0,25 % des Haushalts betreffen. Die in der Geschäftsordnung enthaltene Pflicht zur Angabe von Deckungsquellen wird nicht eingehalten, ist vielleicht auch gar nicht einhaltbar.

Auch wir Bündnisgrünen haben es faktisch aufgegeben, da man den eigenen Anträgen dann nur einen "unnötigen" Klotz als Bein bindet, wenn man sich mit der Finanzierung befasst. Von den 30 gestellten Anträgen genügt nur der interfraktionell gestellte Antrag zum Radverkehr und mit Augen zudrücken der grüne Antrag zu den Ortschaftsräten den Ansprüchen. Vier Anträge nennen verschämt ein Budget, was die Kosten stemmen soll, ohne Angabe was da dann eben nicht mehr finanziert werden soll. Die restlichen 24 Anträge nennen keine Deckungsquelle. Größter Sünder der Oberbürgermeister, der zwar 11,2 weitere Stellen beantragt und auch weiß, dass das 627.100 € kostet, zur Deckungsquelle aber vornehm schweigt. Auch der Antrag auf eine halbe Millionen für den Sportplatz Hermann-Hesse-Straße, ein Antrag der CDU, verzichtet auf lästige Finanzierungsfragen. Bei dieser Größenordnung finde ich das dann nicht mehr vertretbar.

 

Insgesamt bräuchten wir eine grundsätzlich andere Herangehensweise an den Haushalt und auch eine seriöseres Umgehen mit den Zahlen und Mitteln. 

 

Der jetzt vorliegende Haushalt enthält inhaltlich einige richtige Weichenstellungen, lässt an anderer Stelle aber die von meiner Fraktion gewünschte deutliche Prioritätensetzung in den von mir benannten Richtungen vermissen. Aus diesem Grund werden wir uns zum Haushalt 2017 enthalten.

 

 

Es gilt das gesprochene Wort!

 

 

gez. Olaf Meister

Fraktionsvorsitzender

Bündnis 90/Die Grünen

Kategorie

Haushalt | Reden